Rede vor dem ÖGB-Bundeskongress

von Herbert Orsolits, GUG

Werte Kolleginnen, werte Kollegen!
Geschätztes Präsidium!

Der 15. ÖGB Bundeskongress findet unter besonderen Vorzeichen statt. Ging es in der Vergangenheit darum, die wirtschaftliche Situation der Menschen in diesem unserem Lande zu verbessern, so sehen wir uns heute mit genau dem Gegenteil konfrontiert. Die schwarz/blaue „Sozialabbau-Regierung“ betreibt mit den Schlagworten von Anpassungen und Reformen ein gemeines, hinterhältiges, hinterfotziges Spiel.
Ich brauche euch ja nicht darüber aufzuklären, wie dieses Spiel betrieben wird und wie die Ergebnisse ausschauen. Eine ganz miese Art aber ist es, wenn versucht wird die einzelnen Gruppen gegeneinander auszuspielen. Und hin und wieder gelingt das sogar (Siehe den gestrigen Tag bei der AUA - Bordpersonal gegen das Bodenpersonal)!
Es ist für mich erschreckend, wie viele Menschen auf die Regierungspropaganda hineinfallen und nachplappern, was so manches Medium verbreitet. Waren es vorgestern die Beamten im Allgemeinem, gestern die Lehrer im Speziellen, so sind es heute wir EisenbahnerInnen, die ihr „Fett“ abbekommen. Und morgen? Morgen sind es dann die, die sich heute noch still und heimlich, oder auch offen, freuen.
Keine Frage, wir EisenbahnerInnen haben spezielle Inhalte im Dienstvertrag. Und keine Frage, wenn nur die unter Anführungszeichen positiven Inhalte kolportiert werden, dann ist die Situation natürlich schwer nach zu vollziehen. Aufgabe der Fachgewerkschaft wäre es gewesen, schon in der Vergangenheit die Bevölkerung über die tatsächlichen Gegebenheiten bei der Bahn aufzuklären. Leider wurde hier vieles verabsäumt!
Heute, in einer Zeit der absoluten Neidgesellschaft, ist es natürlich umso schwerer, die wahren Fakten „rüberzubringen“. Noch dazu, wenn sie dann, gemeint sind die Fakten, von Regierungsseite immer und immer wieder verleugnet werden. Schlimmer noch, wenn sich einzelne Regierungsmitglieder nicht zu schade darum sind, mit Lügen in die Öffentlichkeit zu gehen. Da werden Zahlen in den Raum geworfen die hinten und vorne nicht passen. Da werden Zusammenhänge vollkommen falsch dargestellt, nur um die Neidgesellschaft auf zu munitionieren.
Ein einfaches Beispiel: Gorbach, Grasser und der EisenbahnerInnen-Hasser Kukacka behaupten stock und steif, dass in die ÖBB zwischen 4,1 und 4,4 Milliarden Euro fließen würden. (Die Zahlen schwanken je nachdem, wer gerade am Wort ist). Sogar der ORF hat den Herren schon vorgerechnet, dass diese Zahlen so nicht stimmen! Aber kümmert die das? NEIN – überhaupt nicht!
Gut, in der Zwischenzeit ist uns ja allen klar geworden, dass der Herr Finanzminister so seine Probleme mit Zahlen hat und dass er sich auch nicht immer so genau auskennt. Wahrscheinlich sind solche Wissenslücken Voraussetzung um in dieser Regierung zum Minister aufsteigen zu können. Stell ich für meine Person einmal fest.
Und überhaupt ist festzustellen, dass sich diese Regierung äußerst schwer tut mit Regeln und Gesetzen. Siehe Hauptverband!
Wenn nicht so viele Menschen von dieser Unsozialregierung so massiv betroffen wären, wir könnten nur mit dem Kopf schütteln und sich unseren Teil dazu denken. Aber dazu sind wir als Betriebsrätinnen und Betriebsräte ja nicht da. Wir haben als Vertreter und Vertreterinnen des ÖGBs eine große Verantwortung wahrzunehmen. Wir sind das Bollwerk gegen diesen Raubbau an der sozialen Sicherheit. Unsere Mitglieder, die ja alle brave BeitragszahlerInnen sind, haben einen Anspruch darauf, ordentlich und mit Nachdruck beschützt zu werden.
Beschützt zu werden, vor einer Entwicklung an deren Ende Dritte-Welt-Verhältnisse stehen werden.
Solidarität darf nicht nur der Name unserer Zeitung sein. Solidarität soll wieder zum Leben gehören wie die Luft zum Atmen. Wenn es uns gelingt, dass wir die Menschen zum Nachdenken anregen, dann wird auch Solidarität wieder zum festen Bestandteil in unserer Gesellschaft und nicht nur ein viel strapaziertes Schlagwort sein.
Um dies aber zu erreichen, muss sich auch die Politik des ÖGBs verändern. Der ÖGB muss in Zeiten wie diesen wieder eine eherne Kampforganisation werden. Um dies zu erreichen, muss Schluss sein mit geheimen Verhandlungen. Und, was mir ganz wichtig erscheint, die FSG muss endlich erkennen, dass der ÖGB nicht in ihrem Privatbesitz steht. Er muss demokratischer werden, wenn es darum geht, die Strukturen und die Organisation weiter zu entwickeln.

In diesem Sinne bedanke ich mich für eure Aufmerksamkeit!