Offener Brief an den Vorsitzenden der Gewerkschaft der Eisenbahner Wilhelm Haberzettl

 

Sehr geehrter Herr Haberzettl!                                                                Linz, am 29. Mai. 2004

Bezug nehmend auf die Kolumne "Standpunkt" im Eisenbahner 5 / 2004, möchte ich mein Bedauern darüber ausdrücken, dass das Verhalten der GUG als irreführend bezeichnet wurde. Scheinbar haben wir uns nicht an die Regeln, der von uns allen geliebten "Mutter", der Gewerkschaft der Eisenbahner (GdE) gehalten und Sachverhalte kritisch betrachtet. Es war uns auch nicht wirklich bewusst, dass man Entscheidungen und Aussagen der GdE nicht anders als vorgegeben interpretieren darf.

Ja, die Wahrheit tut oft weh und warum sollte man die Kollegen/innen damit belasten, zumindest nicht so direkt wie wir es tun. Es genügt doch in gewohnter Form – scheibchenweise, dann ist sie scheinbar verträglicher und besser. Gott sei dank sind Eisenbahner Meister im Vergessen, somit bleibt ihnen jede Menge Frust erspart.

GUG`ler sind genauso wie die FSG Gewerkschaftsvertreter, nur seitens der GdE hält sich die Freude darüber, in Grenzen. Darum behandelt man uns wie ungeliebte Stiefkinder, die man öffentlich diskreditiert, um von den eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken.

Wir sind gezwungen, selbst sämtliche Informationen über Änderungen, auf Umwegen zu beschaffen – keine Rede davon, dass unsere Funktionäre von Seiten der GdE genauestens informiert werden. Das hält uns Gott sei Dank geistig fit und erspart uns, geschönte Aussagen wiederzukäuen.

Trotz vieler Unkenrufe, käme es mir nie in den Sinn zu behaupten, die Gewerkschaft sei eine Mafiaähnliche Organisation, die vorgibt die "Kleinen" zu schützen, sich an "Schutzgeldern" bereichert und in Wirklichkeit nur das Machtstreben der "Paten" und deren üppige Versorgung sichert, welche jeden Kritiker zu eliminieren versucht. Ich möchte nicht einmal in Versuchung kommen, genauer darüber nachzudenken.

Jedenfalls kann man der GdE und der FSG ( ist zwar nicht das Selbe, aber scheinbar das Gleiche) zum größten Coup in der Geschichte der Gewerkschaft gratulieren. Man hat es geschafft enorme Beträge an Gewerkschaftsgeldern zu sparen, in dem man die geplanten Einsparungen der Regierung beschönigt und selbst umgesetzt hat. Somit wurde ein unausweichlicher, kostenintensiver Streik abgewendet.

Obwohl scheinbar die Regierungsvorgaben nach "Punkt" und "Beistrich" erfüllt oder sogar übertroffen wurden (durchschnittlich 100 Mio. EUR Einsparung pro Jahr), haben angeblich die Eisenbahner profitiert – ein Österreichisches Wunder!

Man benötigte nur 4 Monate um die richtigen Worte zu finden – Bitte um Entschuldigung – sollte heißen 4 Monate intensive Verhandlungen, um dieses Wunder zu vollbringen.

Scheinbar haben wir von der GUG doch manches nicht richtig bedacht und unsere Sichtweise zu stark auf diejenigen konzentriert, die in diesem Betrieb für ihr Gehalt produktiv arbeiten.

Ich bitte um Verzeihung, dass wir durch unser Engagement irregeführt wurden und unsere Sorgen nicht in erster Linie der Versorgung unserer obersten "Führer" gegolten hat.

Der Verfassungsgerichtshof stimmte zu den 18 Monaten zusätzliche Dienstzeit zum Pensionsantritt gerade noch zu, die neuerliche Pensionsreform und die Änderung des Dienstrechtes hätten in Summe die vertretbare Zumutbarkeitsgrenze überschritten. Eine Klage wäre voraussichtlich Erfolg versprechend verlaufen, wäre da nicht der Regierungsvorgabe mit den Betriebsräten gewesen – aber vielleicht ist die Weiterführung dieser Gedanken wieder aus der Luft gegriffen und irreführend.

Bitte lasst uns in Zukunft vorher wissen, was wir sagen dürfen um solche "Wunder" nicht in ihren Grundfesten zu erschüttern. Wir wollen doch keine Illusionen zerstören.

Mit freundlichen Grüssen
Walter Rosenthaler, GUG Aktivist

PS.: And the Winner is:"Turnusdienst!"
(Der war gut, stimmt`s?)