Turbulenzen wegen neuen Arbeitszeitregeln!

Die ersten Kündigungen wurden ausgesprochen!



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                                                                                      20.Dez 04

 

Verkehr/Bahn/ÖBB/Reform/Bild

 

ÖBB-Chef Huber: 1.600 Mitarbeiter "verfügbar" - Abfertigungen geplant

Utl.: Turbulenzen wegen neuen Arbeitszeitregeln: Lokführer gehen wegen neuer Schichtzeiten in Krankenstand, zwei wegen "Krank feiern" schon gekündigt - BILD  

   Wien (APA) - Die Zahl der überzähligen Mitarbeiter bei den ÖBB ist offenbar deutlich größer als ursprünglich angenommen. War vor einem Monat noch von 534 "als verfügbar gemeldeten" Mitarbeiter die Rede gewesen, waren es vergangene Woche schon rund 1.100. Am Montag hat ÖBB-Chef Martin Huber jetzt erklärte, es seien schon 1.600

Mitarbeiter "als verfügbar gemeldet" worden. Hauptproblembereiche seien die Infrastruktur Betriebs AG und die Werkstätten, so Huber in einem Pressegespräch.

   Durch die Aufteilung der ÖBB in zehn Teilgesellschaften werde nun "zunehmend offenkundig, wie viele Arbeitsplätze künftig wegfallen", meinte Huber. In Summe wollen die ÖBB bis zum Jahr 2010 noch etwa 10.000 Mitarbeiter - etwa ein Viertel des Personals - abbauen. Ob diese Zahl halten wird, will Huber noch nicht voraussagen. Nur so viel: "Nachdem wir nicht an chronischem Personalmangel leiden, wird die Zahl sicher nicht nach unten gehen."

   1.500 Mitarbeiter pro Jahr verlassen freiwillig die ÖBB. Bei den restlichen Mitarbeitern wird es schwierig.

   80 Prozent der Mitarbeiter haben allerdings einen Kündigungsschutz und können gegen ihre Zustimmung nur durch Frühpensionierungen abgebaut werden. 56 Frühpensionierungen von Mitarbeitern ab dem 50. Lebensjahr seien im heurigen Jahr bereits fix. In allen anderen Fällen sei die Prüfung noch im Laufen. Frühpensionierungen werde es nur geben, wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft seien. Die neue ÖBB-Führung plant darüber hinaus unter anderem auch Abfertigungsmodelle von bis zu einem Jahresgehalt - im Schnitt knapp über 40.000 Euro pro Jahr. Mit der Aktion, die zunächst bis März dauern soll, will Huber zumindest "ein paar hundert" Mitarbeiter abbauen.

   Auch mit seinen Plänen, mit bis zu 4.000 Eisenbahnern als Baufirma aktiv zu werden, will der ÖBB-Vorstand im kommenden Jahr ernst machen. Vorwürfe der Bauwirtschaft, dass dadurch der Wettbewerb verzerrt würde, wies ÖBB-Finanzchef Erich Söllinger am Montag zurück. Die ÖBB würden sicherlich nicht mit Dumpingpreisen auf den Markt kommen. Außerdem hätten die ÖBB anders als Baufirmen nicht die Möglichkeit, Mitarbeiter von November bis Februar "stempeln" zu schicken.

   Darüber hinaus bekräftigte ÖBB-Chef Huber seine Forderung nach einer Änderung des Arbeitskräfte-Überlassungsgesetzes. Mitarbeiter sollten künftig auch ohne ihre Zustimmung versetzt werden. Ansonsten hätten die versetzten Eisenbahner ein unlauteres Druckmittel in der Hand: Bei Gehaltsverhandlungen könnten sie einfach mit der Rücknahme ihrer Zustimmung drohen, so Huber.

   Im einem Konflikt mit dem Personal steht die neue ÖBB-Führung schon jetzt wegen der neuen Arbeitszeitregelungen. Auf Grund der Einführung der gesetzlich vorgesehenen Ruhe- und Arbeitszeitbestimmungen seien die Schichten etwa bei Lokführern von

14 bis 15 Stunden auf zehn Stunden verkürzt worden. Statt drei Schichten müssten die Lokführer deshalb nun vier bis fünf Schichten pro Woche arbeiten.

   Einigen Mitarbeitern habe das nicht gepasst. In der Wiener Dienststelle Floridsdorf seien darauf hin 40 von 160 Lokführern in Krankenstand gegangen. Zwei habe man "erwischt", einer davon – ein ASVG-Bediensteter - sei bereits gekündigt worden. Gegen den anderen sei ein Disziplinarverfahren im Laufen, sagt Huber.