Wenn Sekretäre Karriere machen

Jobrochaden. Das Gorbach-Phänomen: Zahlreiche enge Mitarbeiter und politische Vertraute des Verkehrsministers fallen beruflich auf die Butterseite des Lebens. Selbstverständlich ausschließlich in Staatsbetrieben.

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einen neuen Job trat Martin Santer am 1. April, an. Der 35-Jährige bekleidet seit dem die Funktion des Geschäftsführers der "Schieneninfrastrukturdienstleistungs GmbH". Das neu gegründete Unternehmen mit dem sperrigen Namen hat unter anderem die Aufgabe, Schienentrassen für Privatbahnen zu vergeben.

Auch Friedrich Rödler darf sich seit dem 1. April über eine neue Funktion freuen: Der 50-Jährige ist mit diesem Tag Generaldirektor des Patentamtes geworden.

Die beiden Herren verbindet allerdings mehr als ein Karrieresprung am selben Tag. Beide hatten bis zu diesem Zeitpunkt auch den selben Chef: Verkehrsminister Hubert Gorbach. Santer war Referent des Ministers, Rödler dessen Generalsekretär. Und beide müssen anlässlich ihres Jobwechsels mit einigermaßen unangenehmer Begleitmusik leben: Die Opposition tobt. "Ich bin seit 1991 im Parlament", empört sich etwa SPÖ-Rechnungshof-Sprecher Günther Kräuter, "und ich kann mich an keinen Minister erinnern, der derart unverfroren Postenschacher betrieben hat." Und die Grüne Abgeordnete Gabriela Moser spricht von "exzessiver Selbstbedienungsmentalität".

Gorbach weist solche Unterstellungen stets empört zurück. Darin hat er schon eine gewisse Routine. Da kann es in der Innenpolitik noch so turbulent zugehen, da kann das Gorbach-Ministerium noch so von blau auf orange umgefärbelt werden - eine Konstante bleibt: Zahlreiche enge Mitarbeiter des amtierenden Verkehrsministers fallen in schöner Regelmäßigkeit beruflich auf die Butterseite des Lebens.

Diese Erfahrung durfte vor nur zwei Monaten auch Georg Fürnkranz machen. Der 42-Jährige ist seit dem 1. Februar dieses Jahres Chef der Schienen-Control GmbH. Zufälligerweise war er einst Kabinettschef unter FP-Verkehrsminister Mathias Reichhold und dessen Nachfolger Gorbach, danach bekleidete er die Funktion des politischen Direktors des FP-Parlamentsklubs. Pure Koinzidenz auch, dass Fürnkranz' Vorgänger als Schienenregulator, Gerhard Fuhrmann, das Unternehmen verlassen musste: Er gilt als SP-nahe.

Die Bestellung von Fürnkranz führte jedenfalls prompt zu wütenden Protesten der Eisenbahner-Gewerkschaft. Deren Vorsitzender, Wilhelm Haberzettl, beklagte, dass "ein exzellenter Fachmann durch einen FPÖ-Sekretär abgelöst wird."

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ürnkranz selbst lässt sich durch solche Vorwürfe nicht aus der Ruhe bringen: "So etwas schreckt mich nicht", sagt er, "weil ich nicht einen Funken schlechten Gewissens habe." Vielmehr sei es völlig logisch, dass Mitarbeiter des Verkehrsministers Jobs im Infrastrukturbereich übernehmen: "Für solche Funktionen sind Experten notwendig", sagt Fürnkranz, "und davon gibt es nicht wirklich viele". Dank seiner jahrelangen Tätigkeit im Ministerium habe er sich einschlägiges Wissen aneignen können. "Ich habe zum Beispiel die Vorarbeiten für die ÖBB-Reform maßgeblich betreut", erklärt Fürnkranz.

Im Übrigen sei er unlängst bei einer Tagung des Fachverbandes der Schienenbahnen gewesen, "und an meinem Tisch sind überwiegend Ministersekretäre der letzten 15 Jahre gesessen."

Soll heißen: Auch Gorbachs Vorgänger - nämlich jene der roten Reichshälfte - haben ihren Mitarbeitern zu Karrieresprüngen verholfen. Das ist durchaus zutreffend. Allerdings mit einem nicht ganz unwesentlichen Unterschied: So viel wie Gorbach hatte noch keiner zu verteilen. Allein die Umstrukturierung der ÖBB hat etliche neue Jobs geschaffen. Und da sind eben Experten gefragt. Wie etwa Desiree Schindler: Gorbachs ehemalige Pressesprecherin werkt neuerdings in der ÖBB-Personenverkehr AG.

Doch Gorbach hat in der jüngsten Vergangenheit nicht bloß aus seinem Expertenpool rekrutiert. Bisweilen kamen auch schlicht und einfach Gesinnungsgenossen - blau oder mittlerweile orange - zum Zug. Wie Michael Gassauer. Dem einstigen Telekom-Manager hatte Gorbach schon lange einen Job in seinem Einflussbereich versprochen - seit wenigen Wochen ist Gassauer Co-Geschäftsführer der Postbus GmbH. Ein Posten, der übrigens ein Jahr lang verwaist war. Oder Gilbert Trattner, einst FPÖ-Bundesgeschäftsführer. Heute ist Trattner Chef der ÖBB-Bau AG. Und weiterhin treuer Freund von Jörg Haider. Am vergangenen Dienstag ließ er es sich nicht nehmen, an Haiders Fest unter dem Titel "Kärnten macht Zukunft" das aus der Taufe gehobene orange "Bündnis für die Zukunft Österreichs" (BZÖ) zu feiern.

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rattner ist es auch zu verdanken - so das Ondit -, dass im ÖBB-Reich wie der Platz für eine Person aus dem Kreis der ehemaligen FPÖ geschaffen werden kann: Er soll wiederholt einen zweiten Geschäftsführer für die ÖBB-Immobilientochter gefordert haben. Obwohl Allein-Geschäftsführerin Michaela Steinacker ausgewiesene Immobilienexpertin ist. Doch die hat für Trattner offenbar den Makel, dass sie der ÖVP zugerechnet wird. Und siehe da: Mitte März wurde plötzlich der Posten für einen zweiten Geschäftsführer ausgeschrieben.

Fast zeitgleich erfolgte eine weitere Ausschreibung im Infrastrukturbereich: Darin sucht die Autobahnen- und Schnellstraßenfinanzierungsgesellschaft Asfinag einen Leiter für die Konzernstrategie. Was prompt zu heftigen Spekulationen führte. Immerhin gehört die Entwicklung der Konzernstrategie eigentlich zu den Kern-Kompetenzen der Asfinag-Chefs. Ein Insider meint schmunzelnd: "Da wird offenbar wieder ein Job für einen

Vertrauten Gorbachs geschaffen."

Zufall oder nicht: Jedenfalls ist Christian Ebner, bis vor kurzem Gorbachs Kabinettschef, auf Jobsuche. Ebner hätte eigentlich in die Waffenschmiede Glock wechseln sollen. Doch daraus wurde nun überraschenderweise doch nichts: Angeblich war die auf höchste Diskretion bedachte Familie Glock wenig erbaut darüber, dass Ebner so offen über seinen bevorstehenden Jobwechsel plauderte. Gerüchten zufolge soll die neue Asfinag-Ausschreibung für Ebner geradezu maßgeschneidert sein.

Gorbach hat bislang Auskünfte darüber, mit welchen Kosten die zahlreichen Jobrochaden verbunden sind, verweigert. Dem soll nun abgeholfen werden: Am 28. April ist Gorbach im ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses geladen. Mit seinem Erscheinen wird fix gerechnet. SP-Mann Kräuter frohlockt schon: "Da wird dann jede einzelne Funktion, die neu besetzt wurde, minuziös abgehandelt werden."