Farblos gegen schwarz - schwarz gegen farblos??
WIEN.
Es ist Kampf mit harten Bandagen. In der einen Ringecke steht Staatssekretär
Helmut Kukacka. Er will die Bundesländer zwingen, Organisation und Finanzierung
des Nahverkehrs (S-Bahn etc.) zu übernehmen. Für den entstehenden Aufwand würden
die Länder im Gegenzug jährlich 30 Millionen Euro erhalten - statt bisher 6 bis
8 Millionen.
In der anderen Ecke stehen die Länder, die sich erbittert dagegen
wehren. Sie befürchten, sich mit dem ÖBB-Nahverkehr ein Fass ohne Boden
einzuhandeln und den Nahverkehr nach der Reform nicht mehr bezahlen zu können.
Damit müssten die ÖBB die Fahrpreise deutlich erhöhen - oder sparen und Leistung
kürzen, lautet das Hauptargument.
Während
Kukacka angekündigt hatte, dass das Gesetz am 1. Juli in Kraft tritt, bekommen
die Länder nun Schützenhilfe von unerwarteter Seite: Finanzminister Karl-Heinz
Grasser stellt dem Gesetzesentwurf Kukackas ein vernichtendes Zeugnis aus. Sein
Papier, das der "Presse" vorliegt, schießt sich auf mehrere Pfeiler des
Konzeptes ein:
[*] Finanzierung: Die vorgesehene Bundes-Finanzierung soll von 7,23 Millionen
Euro auf 30 Millionen Euro steigen. Hier legt sich das Finanzressort aber quer:
"Dies bedeutet eine einseitige Änderung des Finanzausgleichs zu Gunsten der
Länder, was aus . . . budgetären Gründen abzulehnen ist." Das heißt im Klartext:
Der Finanzminister dreht den Geldhahn zu.
[*] Effizienz: Die Reform soll den Nahverkehr effizienter und transparenter
machen. Stellungnahme des Finanzministeriums: "Diese Ziele scheinen nur zum Teil
verwirklicht." Und, einige Sätze später heißt es wörtlich: "Effizienzkriterien
fehlen." [*] Fragwürdige Reform: Als wäre diese Kritik nicht genug, greift das
Finanzministerium den Gesetzesentwurf selbst massiv an: "Nach Ansicht des
Bundesministeriums für Finanzen ist die rechtliche Notwendigkeit einer
gesetzlichen Neuregelung in Frage zu stellen."
[*] Qualität im Nahverkehr: Durch die Reform sollen künftig Qualitätskriterien
im Nahverkehr kontrolliert werden. Das Finanzministerium in der Stellungnahme
trocken: "Es ist nicht klar, wie der Bund die allgemein definierten
Qualitätskriterien messen und die Einhaltung sicherstellen kann."
[*] Verfassungswidrig: Gleichsam zum Drüberstreuen hält die Stellungnahme des
Finanzministeriums noch fest: "Die Paragrafen 18 bis 23 des Entwurfs
widersprechen dem Finanz-Verfassungsgesetz."
Die geballte Kritik sieht das Staatssekretariat von Helmut Kukacka (noch) entspannt: "Es gibt in der kommenden Woche einen Termin mit Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Wir gehen davon aus, dass wir viele Missverständnisse ausräumen können und das Geld (für die Nahverkehrs-Reform, Anm.) bekommen." Einige Punkte könne man bereits jetzt entkräften: "Der Rest ist dann Verhandlungssache."
Mit Spannung wird derzeit der Showdown im Nahverkehrs-Streit am 31. März erwartet. Dann treffen sich Grasser, Kukacka und die Vertreter der Länder. Wiens Verkehrsstadtrat Rudi Schicker, der die Reform bisher scharf kritisiert hatte ("Wien würde besonders unter der Reform leiden"), schießt sich bereits jetzt wieder auf die Reform ein: "Alle Länder, Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer sind gegen Kukackas Entwurf. Wir erwarten, dass es dann ein Gesamtverkehrskonzept für Österreich gibt - und ein Konzept zur Finanzierung des Nahverkehrs."