Bis 2009: ÖBB bauen 6000 Eisenbahner ab
ÖBB-Chef Martin Huber spricht im
KURIER-Interview über Personalabbau, Goldmann-"Affäre" und Geschäften mit
Aufsichtsräten.
"Wir wollen uns nicht mehr in den Wahlkampf hineinziehen lassen, als die ÖBB
ohnehin schon Thema im Wahlkampf sind", sagt ÖBB-Chef Martin Huber.
HINTERGRUND
"Die ÖBB versinken langsam im Chaos"
Eisenbahner-Gewerkschaftschef Wilhelm Haberzettl übt heftige Kritik an der
Chefetage der Bahn.
"Politik-Verbot" für ÖBB-ManagerVorstände,
Geschäftsführer und Manager dürfen ab dem 1. September nicht an Veranstaltungen
mit Politikern teilnehmen.
Kritik an Familiendeals von ÖBB-HuberHubers Ehefrau
ist mit der Projektabwicklung eines Telekom-Objektes betraut, Telekom-Vorstand
Fischer ist Aufsichtsrat der ÖBB.
ÖBB-Huber weist SP-Angriffe zurück Wären
alle Aufsichtsräte von ÖBB-Aufträgen ausgeschlossen, dann würde man keine
kompetenten Aufsichtsräte finden, meint Huber.
KURIER: Die
Frau Goldmann ist gerade aus Ihrem Büro gekommen. Geht die Zusammenarbeit jetzt
weiter?
HUBER: Wir haben heute das dritte oder vierte Gespräch geführt
und wir haben nur inhaltlich gesprochen. Das ist ein Zeichen, dass wir uns auf
das Wesentliche konzentrieren. Wir müssen zu einer vernünftigen Abstimmung
zwischen Straße und Schiene kommen, wir reden über die Zukunft des Nahverkehrs
und über Sachthemen.
KURIER: Sie vertragen sich wieder?
HUBER: Schau’n Sie, der einzige Bereich, wo absolute Harmonie
angesagt ist, ist die Familie. Ich glaube, es geht hier um einen professionellen
Umgang mit dem Thema.
KURIER: In der Diskussion um Frau Goldmann sind
Geschäfte mit der Firma des Aufsichtsratpräsidenten Malik aufgetaucht. Malik hat
in der "Affäre Goldmann" die Einhaltung der Corporate-Governance-Regeln
gefordert. Auch andere Aufsichtsräte haben ÖBB-Aufträge. Ist das vereinbar?
HUBER: Der Corporate Governance Kodex sagt nichts anderes aus,
als dass im Interesse der meist zahlreichen Aktionäre ein Unternehmen so geführt
werden soll, dass es möglichst transparent nach außen ist.
KURIER: Was heißt das für die ÖBB?
HUBER: Wir werden diesen Kodex nun auch formal bei uns
festschreiben. Es gibt meiner Meinung nach nur zwei Bereiche, wo wir uns nicht
Kodex-konform verhalten. Der eine sind Geschäfte mit Aufsichtsräten. Der Kodex
sagt ja nicht, dass sie verboten sind, sie sind nur im Geschäftsbericht
darzustellen. Das werden wir im Geschäftsbericht 2006 machen. Der zweite Punkt
ist der Ausweis der Manager-Gehälter.
KURIER: Werden sie veröffentlicht?
HUBER: Das ist keine Angelegenheit des Vorstandes, sondern des
Aufsichtsrats. Wir haben im November die Manager-Gehälter veröffentlicht. Was
dann passiert ist, wissen Sie ja. Es sind für viele 50.000 € zu viel, wenn ein
ÖBB-Manager das verdient. Weil das viel zu politisch gesehen wird, eine
Oppositionspartei springt sofort auf und schreit: "Ein Wahnsinn, was die
kassieren für die Leistung".
KURIER: Ihr Betriebsrats-Chef Haberzettl sagt,
dass die Personalplanung ein Chaos ist . . .
HUBER: Der Herr Haberzettl muss sich schon überlegen, ob er
Betriebsrat oder FSG-Chef (Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter, Anm.)
ist. Ich weiß schon, dass Wahlkampf ist und er dazu seinen Beitrag leisten muss.
Aber wenn er Betriebsratsvorsitzender in einem Unternehmen ist, das er auch zu
vertreten hat, kann er nicht sagen, die ÖBB versinken im Chaos.
KURIER: Die Vorwürfe, dass die Umschulungen
nicht funktioniere, weil es zu wenige Ausbilder gibt, stimmen also nicht?
HUBER: Absolut nicht. Wir haben ein strukturelles Problem.
Einerseits in der Alters-Schichtung, aber auch in der Ausbildung. Wir haben
einen Akademiker-Anteil von 1,2 Prozent. Wir haben ein Manko im technischen
Bereich, etwa bei Projektleitern. Es ist wunderbar, dass wir 1,5 Milliarden Euro
im Jahr für die Infrastruktur haben. Aber das gehört auch abgewickelt, dafür
brauchen wir auch Leute.
KURIER: Warum gibt es die nicht?
HUBER: Wir bauen fast doppelt so viel wie früher. Da müssen
wir die Leute heranbilden. Wir haben 750 Mitarbeiter, für die wir keinen
Arbeitsplatz haben. Zwei Drittel davon sind über 50. Ich kann die nicht so
einfach umschulen, man kann aus einem Stellwerker nicht so einfach einen
Projektleiter machen.
KURIER: Sie wollen die ÖBB personell schlanker
machen. Wie schlank?
HUBER: Ich gehe davon aus, dass wir etwa Ende 2008 die
magische 40.000-Grenze erreicht haben werden. (Derzeit sind es knapp 46.000,
Anm.) Aber ich habe mich nie festgelegt, wie es 2010 ausschauen wird. Das hängt
unter anderem davon ab, ob die Ostexpansion im Güterverkehr so gelingt, wie wir
es uns vorgenommen haben. Wenn es uns gelingt, die Passagierzahlen weiter zu
steigern, werden wir auch wieder mehr Leute brauchen.
KURIER: Die Ostexpansion steht, die neue
slowakische Regierung will die Güterbahn nicht verkaufen.
HUBER: Wir werden unser Angebot, das bis Ende Juli gilt,
voraussichtlich verlängern. Und abwarten, wofür sich die Regierung wirklich
entscheidet.
KURIER: Gibt es als Alternative andere
Unternehmen im Osten?
HUBER: Zurzeit laufen die Vorbereitungen für die
Privatisierung des Güterverkehrs der ungarischen Bahn. Das werden wir sicher
prüfen.
KURIER: Sie haben ÖBB-Managern verboten, sich
aktiv am Wahlkampf zu beteiligen. Ist das nicht ein sehr starker Eingriff in die
persönliche Freiheit?
HUBER: Nein, überhaupt nicht. Das ist nicht eine Geschichte, die
der Huber den Managern verordnet. Wir haben in der Konzern-Vorstandsrunde am 13.
Juli einstimmig beschlossen, dass wir und die Führungskräfte der ersten und
zweiten Berichtsebene an Veranstaltungen mit Politikern im September nicht aktiv
teilnehmen werden. Wir wollen uns nicht mehr in den Wahlkampf hineinziehen
lassen, als die ÖBB ohnehin Wahlkampf-Thema sind. Das war ein einstimmiger
Beschluss.