Thema Lokführerkontrollen
Motiv für die Rechtfertigung der stark
erweiterten Lokführerkontrollen ist die Gewährleistung bzw. Verbesserung des
Sicherheitsstandards unseres Betriebes im Interesse des Unternehmens und unserer
Kunden in Abhängigkeit vom Lokführer.
Für eine objektive Beurteilung der gegenwärtigen Situation des Lokführers ist es
erforderlich, dass wir alle Veränderungen pro und kontra Sicherheit
gegenüberstellen. So haben wir einerseits, die durch PR-Kampagnen in die
Öffentlichkeit transportierten und wahrgenommenen Investitionen in die
Modernisierung und Sicherheit des Unternehmens zu betrachten, andererseits die
nur Insidern bekannten Änderungen der Verkehrsvorschriften und
Aufgabenverteilungen, zu Gunsten einer rascheren und billigeren
Betriebsabwicklung, die aber auf Kosten der Sicherheit und zu Lasten der
Triebfahrzeugführer gingen. Schwerwiegend in diesem Zusammenhang ist der
Verzicht auf Durchrutschwege. Aber auch das zur täglichen Routine gewordene
Einfahren auf ein Fahrverbot zeigendes Schutzsignal mit unmittelbar dahinter
befindlichen Zügen. Oder die gefährlichen Kopf an Kopf Einfahrten von
Reisezügen. Das sind nur einige Beispiele, in denen die Sicherheit von Personen
und Gütern einzig und allein vom Lokführer abhängig ist. Sie zeigen, dass -
trotz der Implementierung revolutionärer technischer Neuerungen in moderne
Sicherungsanlagen und Triebfahrzeuge - der Beruf des Lokführers nach wie vor mit
einer sehr hohen persönlichen Verantwortung verbunden ist. Um einer derartigen
Belastung und Verantwortung auch in zahlreichen verkehrsbedingten
Stresssituationen gerecht werden zu können, ist abgesehen von der physischen und
psychischen Eignung in Kombination mit einer gut fundierten fachlichen
Ausbildung, auch ein steter solider Lebenswandel und ein hohes
Verantwortungsbewusstsein unerlässlich. Eine stabile, ausgeglichene
Persönlichkeit und mentale Fitness sind hier Synonyme für Sicherheit.
Durch die politisch erzwungene Umstrukturierung unseres Unternehmens und der
damit einhergehenden Personalrochaden zur Umsetzung privatwirtschaftlicher,
kapitalistischer Interessen, nötigt man uns zu immer größerer Flexibilität und
Produktivität. Unzumutbare Mehrbelastungen, unmenschliche Dienstzeiten und
gewaltiger Zeitdruck auf Kosten der Sicherheit und unserer Gesundheit sind die
Folgen. Um trotzdem mit dem Etikett „Sicherheit“ werben zu können, schuf man
zahlreiche neue Positionen für Überwachungsorgane, die uns immer und überall im
Auftrag der Sicherheit kontrollieren können. Wie weit die von diesen lt. DV M22
zu kontrollierenden Unterlagen und Gegenstände Sicherheitsrelevant sind, bleibt
zu diskutieren, da diese bezüglich Sicherheit nur sekundäre, aber keinesfalls
primäre Risiken darstellen. Der Unmut der Betroffenen ist also nur zu
verständlich, da man Wasser predigt und Wein trinkt. Gutbezahlte Theoretiker,
die bereit sind alles zu tun, was ihrer Karriere dienlich ist, grübeln über jede
Minute nach, die sich durch Ausschöpfung des Arbeitszeitgesetzes auf unsere
Kosten einsparen lässt, um sich profilieren zu können. Keiner von uns kann sich
vorstellen, dass die, die diesen Richtlinien zustimmen, auch bereit wären nach
solchen arbeiten zu müssen. Daher auch die Aversionen, wenn man uns jetzt
bevormunden will, da jeder von uns weiß, dass der Zugverkehr, dank unserer
Selbständigkeit, auch zu jenen Zeiten aufrechterhalten blieb, wo die
Führungsetagen gelähmt waren.
In der Hoffnung, dass auch unter Managern und Instruktoren ein Umdenken in
Richtung miteinander statt gegeneinander stattfindet, wünsche ich mir, dass
Methoden, die sonst nur einem Polizei und Überwachungsstaat eigen sind, unsere
Demokratie nie schänden.