Auftraggeber ÖBB lernt "Taktik und Verhandlungsführung"

Um die Ausschreibung der neuen Railjet-Garnituren möglichst schnell über die Bühne zu bringen, engagierte die ÖBB als Berater das Malik Management-zentrum St. Gallen.

816 Millionen € ließ sich die ÖBB ihre neuen Hochgeschwindigkeitszüge, die Railjets, kosten. Die 67 Garnituren von Siemens sind die erste Neuanschaffung von Fernreisewaggons seit 30 Jahren. Kein Wunder, dass bei einer Operation dieser Größenordnung Fingerspitzengefühl gefragt ist. Und für dieses sorgten - wie könnte es anders sein - die Consulter.

"Wir beraten unsere Kunden bei größeren Ausschreibungen, damit es nachher nicht zu Problemen kommt", sagt Martin Hagleitner, Geschäftsführer des Malik Management Zentrums St. Gallen. Ausschreibungen seien eine sehr komplexe Thematik und die Gefahr sei groß, daß die Mitbewerber bei der geringsten Unregelmäßigkeit Einspruch erheben.

Nur neun Monate
Das bestätigt der Kunde ÖBB. Die Berührungsängste mit den Beratern vom Managementzentrum hat der Konzern seit dem Skandal im Vorjahr (weil Fredmund Malik auch im Aufsichtsrat gesessen war) offenbar abgelegt. "Wie die anderen Leistungen haben wir auch diese Beratungsleistung ausgeschrieben", sagt Railjet-Projektleiter Christian Pettauer. Schließlich müssten Leistungen ab einem bestimmten Wert ausgeschrieben werden. Dabei hätten die St. Gallener das beste Angebot gelegt, und die ÖBB sei mit dem Ergebnis der Beratung sehr zufrieden. Der Grund: Das Bahnunternehmen habe dadurch die Railjet-Ausschreibung in nur neun Monaten über die Bühne bringen können. "Im Vergleich mit anderen Projekten ähnlicher Größenordnung ist das äußerst kurz", sagt Pettauer. Kurz sei es auch deswegen gewesen, "da wir keinen einzigen Einspruch hatten."

Früh hinzugeholt
Die Berater wurden bereits früh zum Projekt hinzugeholt, um Marktanalysen und wirtschaftliche Berechnungen durchzuführen. Schließlich würden die Züge ja nicht nur im eigenen Land verkehren. Dabei stellte sich unter anderem heraus, dass die Marktchancen des Railjets in einem Einzugsgebiet von vier bis fünf Stunden zu finden sind. "Bei allem, was weiter weg ist, ist für den Kunden das Fliegen attraktiver."

Daneben wurden die ÖBB-Verhandler in Rollenspielen in Sachen Verhandlungsführung und Taktik geschult. "Das hat sich als notwendig erwiesen und bewährt." Außerdem ging es darum, jeden Anbieter gleich zu behandeln, also zum Beispiel an alle die gleichen Informationen zu schicken, um das Einspruchs-risiko zu minimieren.
70 Prozent der Ausschreibungskriterien des Railjets waren kommerziell, 30 Prozent technisch. Ausschreibungsgewinner Siemens erwies sich dabei sowohl als Best- als auch als Billigstbieter. Pettauer ist zufrieden. "Natürlich werden wir aber nicht bei jeder Ausschreibung einen Berater hinzuziehen."