ÖBB-Aufsichtsrat 2 - Große Brocken wiederum vertagt

Utl.: Weitere Vorgangsweise bei Spekulationsgeschäft mit der Deutschen Bank soll am 23. September geklärt werden

Wien/APA = Wie schon bei der vorangegangen Aufsichtsratssitzung blieben auch heute die großen Brocken im Präsidium liegen. Ganz oben steht ein
möglicher Spekulationsverlust von bis zu 620 Mio. Euro. Zuletzt hatte es in Medienberichten geheißen, dass selbst bei einem sofortigen Ausstieg 275 Mio. Euro abgeschrieben werden müssten. Ob und wann ausgestiegen wird, wurde heute auf die nächste Sitzung am 23. September verschoben.

Laut Gutachten haben die ÖBB auf Kreditausfälle bei 205 Unternehmen gewettet, wobei der Deal dem ÖBB-Aufsichtsrat zu keinem Zeitpunkt zur Genehmigung vorgelegt wurde. In dem Gutachten zu dem Deal mit der Deutschen Bank (richtig) heißt es wörtlich: "Mit dem Abschluss der ... Finanzgeschäfte (...) wurde in vielfacher und grober Weise gegen die Konzernrichtlinie "Corporate Treasury" verstoßen. ... Die Verstöße halten bis dato an. Besonders schwer wiegt aus unserer Sicht der Verstoß gegen das Spekulationsverbot sowie die Verletzung des Vier-Augen-Prinzips."

Weiters wurde vor wenigen Tagen bekannt, dass die Staatsbahn die Finanzmarktkrise auch in einem anderen Punkt zu spüren bekommt: Kürzlich sind Zweifel über die Werthaltigkeit von Leasinggeschäfte mit den USA aufgekommen. Diese "Cross Border Leasing-Verträge", bei denen Loks, Triebwagen, Schienen etc. an US-Finanzgruppen verkauft und zurück geleast wurden, stehen wegen der weltweiten Finanzkrise unter Druck. Ginge einer dieser Partner pleite, drohen den ÖBB finanzielle Ausfälle.

Ebenfalls unbeantwortet blieb die Frage, wie es mit dem Bahnausbau auf der Unterinntal-Strecke weitergeht. Wie "Der Standard" berichtete, kam es beim viergleisigen Ausbau zu einer kräftigen Kostenüberschreitung. Veranschlagt mit 1,933 Mrd. Euro, stehen nun 2,074 Mrd. Euro im Raum. Von den ÖBB hieß es dazu, dass es sich um ein Langzeitprojekt handle, die Mehrkosten also nicht sofort in der Bilanz schlagend würden.

Und dann wäre dann noch der Umstand, dass der größte Arbeitgeber des Landes faktisch keinen Finanzchef hat. Der bisherige und noch formal in Amt befindliche CFO Erich Söllinger soll ursprünglichen Plänen zufolge im Oktober vorzeitig seinen Arbeitsplatz räumen und mit einem "Golden Handshake" verabschiedet werden. Ihm werden die Spekulationsgeschäfte angelastet, woraufhin er gemeinsam mit Ex-Bahnchef Martin Huber den Hut nehmen musste. Huber bekam für die vorzeitige Vertragsauflösung kolportierte 800.000 Euro Abfertigung. Aus politischen Kreisen heißt es, die Nachfolge von Söllinger spieße sich an der "Farbenlehre". Der neue ÖBB-Chef Peter Klugar wird der SPÖ zugerechnet, daher suche die ÖVP noch nach einem geeigneten "schwarzen" Finanzchef.

(Schluss) stf/ags
~
WEB http://www.oebb.at
~

APA574 2008-07-29/17:41

291741 Jul 08