ÖBB-Spekulationsgeschäfte: Höhere Rückstellung
Die Buchverluste für die kritisierten
Finanzgeschäfte der Bahn haben sich deutlich ausgeweitet. Bei den Bundesbahnen
will man nichts über die Wertberichtigungshöhe sagen.
WIEN. Es gibt Glück im Unglück. Zum Beispiel, wenn der Absturz an den Börsen
erst im Jänner und nicht schon im Dezember stattfindet. Andernfalls hätten die
Rückstellungen für die Spekulationsgeschäfte der ÖBB noch höher ausfallen
müssen. Aber auch mit Stichtag 31. Dezember ist der Rückstellungsbedarf höher
als zuletzt angekündigt. Wie berichtet, haben die ÖBB 612,9 Mio. Euro in ein
Portfolio von 200 Wertpapieren (strukturierte Kredite und durch Wertpapiere
besicherte Forderungen) angelegt, die unter der US-Immobilienkrise schwer
leiden. Bisher war von Wertberichtigungen in Höhe von 80 Mio. Euro die Rede.
Jetzt heißt es hinter vorgehaltener Hand, dass insgesamt 130 bis 160 Mio. Euro
wertberichtigt werden müssen.
Eine Wertberichtigung bedeutet nicht, dass das Geld verloren ist. Nur die
Hoffnungen, dass es zurückverdient werden kann, müssen größer werden. Ein echter
Verlust wird das Geschäft dann, wenn die Papiere – aus welchen Gründen auch
immer – zu den derzeitigen Preisen verkauft werden müssen.
Bei den Bundesbahnen selbst will man nichts über die Wertberichtigungshöhe
sagen. „Ende Februar wissen wir das“, sagt ÖBB-Sprecher Alfred Ruhaltinger zur
„Presse“. Bis dahin sei die Bilanz der Bundesbahnen fertig gestellt. Zu diesem
Zeitpunkt soll auch der von ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker in Auftrag
gegebene Bericht über die Spekulationsgeschäfte vorliegen.
ÖBB: „Rechnen mit Gewinn“
Die Finanzgeschäfte sollen eigentlich bis bis 2013 beziehungsweise 2015 laufen.
Im Dezember gab sich ÖBB-Finanzchef Erich Söllinger noch sehr optimistisch: „Bei
allen Geschäften am Finanzmarkt sind Kursschwankungen völlig normal und wir
waren von Anfang an auch darauf eingestellt.“ Abgerechnet werde am Ende der
Laufzeit. Dann so Söllinger, rechne man mit einem Gewinn. „Bis dahin kann es
immer wieder Wertberichtigungen in den Büchern geben. Sie haben aber weder eine
Auswirkung auf die wirtschaftliche Performance der ÖBB und schon gar nicht auf
die Steuerzahler“, so Söllinger.
Dennoch gab es von Seiten der Politik massive Kritik an den Finanzspekulationen
der Bahn. In der SPÖ sprach man von der „Zockerbude“ ÖBB – was auch
Verkehrsminister Werner Faymann (SPÖ) unter Zugzwang brachte. Dieser gab an,
dort, wo der Staat beteiligt ist, „konservative Formen der Veranlagung“ zu
favorisieren. Und er beauftragte den ÖBB-Aufsichtsratschef, durch eine externe
Prüfung Klarheit rund um die Wertberichtigungen nach Spekulationsgeschäften der
Bundesbahnen zu bringen.
Zu viel Risiko eingegangen?
Derzeit sind die Wirtschaftsprüfungskanzleien Auditor und Clark Thornton noch am
Arbeiten. Sollte sich in dem Prüfbericht ein Fehlverhalten der Bahn-Führung
feststellen lassen, etwa weil zu ein großes Risiko eingegangen wurde, könnten
die Tage von Söllinger und Bahn-Holding-Chef Martin Huber gezählt sein.
Was – je nach Parteizugehörigkeit – als Glück im Unglück gewertet werden könnte,
denn für viele SPÖ-Vertreter ist Huber ein rotes Tuch. Einige
sozialdemokratische Politiker sollen bereit sein, für einen ÖBB-Holding-Chef
nach ihren Wünschen andere Spitzenposten der Republik – wie die Führung der
Notenbank – dem Koalitionspartner zu überlassen. Aber auch das sind
Spekulationen