ÖBB - Umstrittener Lobby-Auftrag keine Gefahr für MAV Cargo-Übernahme

 

APA049 5 WI 0540 WA/MA 10.Mär 08
Verkehr/Bahn/ÖBB/Österreich/Ungarn/CEE

ÖBB - Umstrittener Lobby-Auftrag keine Gefahr für MAV Cargo-Übernahme
Utl.: Aufregung in Ungarn hält an - Oppositionspartei fordert
parlamentarische Untersuchung - ÖBB-Vorstand weist Vorwürfe zurück: "Alles hundert Prozent sauber"

Budapest/Wien (APA) - Ein umstrittener Lobbying-Auftrag der ÖBB rund um die Übernahme des ungarischen Eisenbahn-Güterverkehrs MAV Cargo sorgt in Budapest weiter für heftige Aufregung. Der Vorsitzende der Oppositionspartei MDF, Ibolya Dßvid, hat vergangene Woche eine parlamentarische Untersuchung verlangt. Die ÖBB sehen trotz des Wirbels für den Kauf der MAV Cargo aber keine Gefahr.

Die Vorwürfe hätten keinerlei Zusammenhang mit dem Abschluss, sagte der zuständige ÖBB-Holding-Vorstand Gustav Poschalko auf APA-Anfrage. Geben die EU-Kartellbehörden grüne Licht, könne der Deal in drei bis sechs Monaten finalisiert werden. Grund für den Wirbel war ein 7,1 Mio. Euro-Vertrag der ÖBB mit der bis dato unbekannte Budapester Lobbying-Firma Geuronet. Laut ungarischen Medienberichten soll der Sohn der Geschäftsführerin, Andras Gulya, früher Direktor der Bank ABN Amro und später kurzzeitig stellvertretender Generaldirektor der Postabank, im Aufsichtsrat einer Beraterfirma gesessen sein, die dem früheren sozialistischen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsany gehört hatte.

Poschalko versicherte, dass bei dem Vertrag "alles hundert Prozent sauber gewesen" sei. Auch im ÖBB-Aufsichtsrat habe der Vorstand alle Fragen klären können. Man habe, wie bei derartigen Privatisierungsprozessen üblich, mehrere Firmen mit Beratungen beauftragt, betonte Poschalko. Laut einem seiner Sprecher ging es bei dem Geuronet-Auftrag um Consulting, PR und Strategieberatung.

Geuronet habe die vereinbarten Leistungen bisher "zur Zufriedenheit erbracht". Bisher sei außerdem nur ein kleiner Betrag - eine Monatsgebühr von 5.000 bis 10.000 Euro - an die Lobbying-Agentur geflossen. Weitere Zahlungen seien "erfolgsabhängig".

Geuronet-Gesellschafterin Vikt¾ria Gulya wollte in ungarischen Medien zu dem Auftrag keine Stellungnahme abgeben. Der Chef der kleinen konservativen Oppositionspartei MDF, Ibolya David, meinte jetzt vergangene Woche, auch das Parlament solle sich mit der Erfolgsprämie im Zusammenhang mit der MAV Cargo-Privatisierung beschäftigen, zumal man immer mehr den Verdacht habe, dass auch das Wirtschaftsministerium in dieser Angelegenheit betroffen sei.

Der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium -bel Garamhegyi erklärte der Wirtschaftszeitung "Heti Vilßggazdasßg", er habe Andrßs Gulya im Laufe des Privatisierungsprozesses ein einziges Mal getroffen - und zwar bei einem Gespräch mit den Bewerbern, unter denen auch die Rail Cargo Austria gewesen sei, deren Delegation Gulya als Dolmetscher zur Seite gestanden habe.

Laut "Heti Vilßggazdasßg" sollte Geuronet darüber hinaus eine Medienstrategie erarbeiten, damit die Rail Cargo Austria in der ungarischen Presse vorteilhaft dargestellt werden könne. Zu den Kommunikationsaufgaben gehörten demnach auch regelmäßige Berichte an RCA über das Presseecho in Ungarn sowie die Erarbeitung einer Strategie, "mit Hilfe deren die RCA die ungarische MAV Cargo übernehmen kann".

Der Fachverband der ungarischen PR-Berater (PATSZ) forderte laut einem Bericht der Tageszeitung "NÚpszabadsßg" unterdessen das ungarische Justizamt auf, zu ermitteln, ob die Tätigkeit der Geuronet grundsätzlich rechtmäßig war. Laut der Fachorganisation steht die Geuronet Bt. nicht auf der offiziellen Liste der Lobbying-Firmen. Hat sie dennoch Lobbying betrieben, droht ihr laut den ungarischen Medienberichten eine Strafe von 10 Mio. Forint (37.753 Euro).

Die Lobbying-Angelegenheit wird nun von der Polizei untersucht, die zunächst die Presseinformationen unter die Lupe nimmt. Verhört wurde bisher niemand, eine Ermittlung soll der Polizei zufolge erst dann stattfinden, wenn der Verdacht auf eine Strafhandlung bestehen sollte. Auch bei den ÖBB weiß man nichts von Erhebungen. Weder in Österreich noch in Ungarn hätten bisher Ermittler mit den Bundesbahnen Kontakt aufgenommen, hieß es.

(Schluss) esb/klm/wys

WEB http://www.oebb.at

 

APA049 2008-03-10/08:40

 

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