Sodom und Gomorrah im Hause Österreich
Es vergeht kein Tag, an dem nicht weitere
Schweinereien in der Causa "Innenministerium-BAWAG-ÖVP" bekannt werden.
Wer in dieser Situation noch an die Redlichkeit der Politik der Regierenden und
der Justiz glaubt, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.
Wenn sich jetzt die SPÖ als verfolgtes Unschuldslamm darzustellen versucht, geht
auch dieser Schuss nach hinten los.
Der gelernte Österreicher weis aus Erfahrung, dass auch die Sozialdemokraten
gerne zu "Spezial-Demokraten" werden, wenn es darum geht die eigene
Machtposition abzusichern. Auf politischer, gewerkschaftlicher und
Arbeiterkammer Ebene genauso wie im Bereich der öffentlichen Medien.
Glaubt in diesem Land noch irgend jemand, dass es Entscheidungen der Justiz
gibt, die, wenn sie von nationaler Bedeutung sind, ohne politische Einflussnahme
getroffen werden? Wir EisenbahnerInnen sind doch das Beste Beispiel dafür, dass
politische Interessen über rechtliche Grundlagen gestellt werden.
Wir können enteignet werden und die Gerichte sagen ja dazu. Was hat das mit
Gerechtigkeit zu tun?
"Auf Hoher See und vor Gericht begibt man sich in Gottes Hand" - dieses alte
Sprichwort sagt doch alles aus.
Interesse an SPÖ-Geldflüssen
Eine Stunde lang ist am Dienstag der Anfang Februar abgelöste Leiter des Bundeskriminalamts (BK), Herwig Haidinger, als Zeuge im BAWAG-Prozess einvernommen worden. Er wiederholte dabei öffentlich seine bereits im parlamentarischen Innenausschuss und vor dem Staatsanwalt getätigten Angaben, wonach er vom Kabinett der damaligen Innenministerin Liese Prokop (ÖVP) unter Druck gesetzt worden sei, über den Stand der Ermittlungen zu berichten. Haidinger sagte auch, er habe über Zahlungen an die SPÖ berichten müssen.
An "Fallführung" interessiert
Haidinger war von August 2002 bis zum 3.
Februar 2008 Leiter des Bundeskriminalamts. Wie er im Zeugenstand darlegte,
hatte er im Zuge der strafrechtlichen Aufarbeitung der BAWAG-Affäre die
Rahmenbedingungen für die Sonderkommission BAWAG zu schaffen.
Als diese eingerichtet war, habe er sich zunächst für die "Fallführung"
interessiert, infolge seiner zahlreichen anderen Aufgaben dieses Interesse aber
allmählich aufgegeben.
"Mehrfach ins Kabinett vorgeladen"
Auf die Frage von Richterin Claudia
Bandion-Ortner, ob von politischer Seite versucht worden sei, auf ihn persönlich
Einfluss zu nehmen, berichtete Haidinger, er sei "aufgefordert" worden,
Erhebungen der Bundespolizeidirektion Wien zu übertragen: "Ich habe das zweimal
abgelehnt, mit dem Hinweis, dass das BK zuständig ist." In weiterer Folge sei er
"mehrfach ins Kabinett vorgeladen" worden: "Mir wurde auch telefonisch
mitgeteilt, dass ich vorab und sofort der Ressortleitung zu berichten habe." Vor
allem Interesse an "Zahlungen an SPÖ"
Er habe die erwünschten Informationen zunächst pflichtgemäß weitergegeben, dann
jedoch festgestellt, dass Teile davon umgehend den Medien zu entnehmen waren.
Vor allem über "Zahlungen von der BAWAG an die Bundes- und Landes-SPÖ" hätten
"Kabinettsmitarbeiter" Bescheid wissen wollen, stellte Haidinger fest.
Keine direkten Interventionen
Weisungen, in den Ermittlungen selbst bestimmte
Schritte zu setzen bzw. solche zu unterlassen, habe er nicht erhalten. "Das hat
es an mich nicht gegeben. Das muss ich klar sagen. Das hätte auch nichts
gebracht", sagte der ehemalige Spitzenbeamte offenbar unter Anspielung auf sein
Rechtsverständnis, das ihm die Befolgung rechtswidriger Weisungen nicht erlaubt
hätte. Informationen an "Zentralstelle" liefern
Dem Kabinett sei es primär darum gegangen, Informationen über den Verlauf und
den Stand der Ermittlungen in Sachen BAWAG zu erhalten. Er sei mehrfach
angewiesen worden, diese Informationen der "Zentralstelle" zu liefern, legte
Haidinger dar.
"Das sind keine Übertreibungen"
Auf die Frage, wie intensiv der Kontakt
zwischen ihm und dem Kabinett der mittlerweile verstorbenen Innenministerin
gewesen sei, erwiderte der abgelöste BK-Chef, man habe ihn "nicht ein paarmal am
Tag" angerufen. Darauf wollte Anwalt Richard Soyer, der Rechtsbeistand des
ehemaligen BAWAG-Aufsichtsratspräsidenten Günter Weninger, von Haidinger wissen,
ob versucht worden sei, ihn, Haidinger, politisch zu instrumentalisieren: "Sind
Sie unter massiven politischen Druck gesetzt worden? Oder ist das eine
Seifenblase, was Sie da erzählen?"
"Das sehe ich nicht so. Das sind keine Übertreibungen", betonte Haidinger.
"Kuvert mit E-Mail-Verkehr hinterlegt"
Wie er in diesem Zusammenhang anmerkte, habe er ein "Kuvert mit Beweisgegenständen" sowie seine eigene DNA-Spur hinterlegt. Das Kuvert enthalte "den ausgedruckten E-Mail-Verkehr zwischen allen möglichen Leuten". "Keine BAWAG-Unterlagen an ÖVP-Klub" Auf die Frage der Richterin, ob BAWAG-Unterlagen an den ÖVP-Klub gingen, bevor sie der U-Ausschuss erhielt, sagte Haidinger entschieden: "Von mir nicht." "Ich habe denen keine Unterlagen übermittelt, weil für mich klar war, das mache ich nicht", betonte er. Es seien auch keine Unterlagen verschwunden, "soweit ich das weiß".
Namen in Ausschuss genannt
Weninger-Verteidiger Soyer forderte den Zeugen auf, seine Ansprechpartner im Kabinett des Innenministeriums zu nennen und bekanntzugeben, ob und welche Unterlagen er weitergegeben habe und was damit passiert sei. "Die Namen habe ich im Ausschuss und vor dem Staatsanwalt genannt", deponierte Haidinger. Sie auch öffentlich im Gerichtssaal zu nennen, hielt die Richterin für nicht notwendig, weshalb sie die entsprechenden Fragen von Soyer und des Anwalts von Helmut Elsner, Wolfgang Schubert, nicht zuließ, die damit herausarbeiten wollten, dass der Amtsverschwiegenheit unterliegende Informationen lange vor der Anklageerhebung vorzeitig an die Öffentlichkeit gelangt waren und damit das Recht der Angeklagten auf Wahrung der Unschuldsvermutung verletzt wurde.
Von BIA-Ausforschung "nichts gewusst"
Von den Ausforschungen des Büros für Interne
Angelegenheiten (BIA) beim früheren Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ), als im
August 2006 dessen Schwiegermutter in einem Pflegeheim von BIA-Mitarbeitern
aufgesucht wurde, habe er nichts gewusst, sagte Haidinger.
Er habe beim Bekanntwerden des Vorfalles bei der BAWAG-Sonderkommission
nachgefragt, ob sie darin involviert war: "Mir wurde gesagt: Nein, das waren wir
nicht, das war das BIA", erläuterte Haidinger. "Was da genau gemacht wurde,
wusste ich nicht, sondern weiß ich jetzt aus den Zeitungen."