SPÖ fordert Volksabstimmung für neuen EU-Vertrag
DER STANDARD

Totale Wende: SPÖ fordert Volksabstimmung für neuen EU-Vertrag
Für Volksabstimmung, sollte neuer oder neuformulierter EU-Vertrag kommen - SP-Swoboda bestätigt gegenüber derStandard.at: "Rettungsaktion" der EU wird stattfinden und noch heute öffentlich gemacht werden Laut einem Blog-Eintrag des Zeit-Österreich Leiters Joachim Riedl tritt die SPÖ nun für eine Volksabstimmung zum EU-Reformvertrag ein, sollte ein neuer oder geänderter EU-Vertrag vorgelegt werden.

"Ja, das stimmt", bestätigt EU-Parlamentarier Hannes Swoboda, Vizepräsident der SPE-Fraktion, im Gespräch mit derStandard.at. Es werde heute noch eine entsprechende Ankündigung seitens des Kanzlers geben. "Es ist gar nicht anders möglich - so kann es nicht weitergehen". So könne die EU nicht mehr agieren. "Das kriegen wir nicht mehr durch, die Stimmung in der Bevölkerung wird zu negativ". Eine Rettungsaktion der EU? "Ja, in gewissem Maße ist es das leider. Es geht nicht mehr nur um Irland". Auch in Griechenland und Holland gebe es ähnliche Bestrebungen wie in Österreich, bestätigt Swoboda. Er rechnet damit dass auch andere EU-Länder in nächster Zeit entsprechende Kehrtwendungen vollziehen. Durch Österreichs Vorpreschen "geraten auch die anderen unter Druck", so der EU-Parlamentarier.

"Kann nicht mehr so weitergehen"

"Natürlich wäre es vernünftiger gewesen, die Bevölkerung schon früher zu fragen", gibt Swoboda im Gespräch mit derStandard.at zu. "Es war ein Fehler, den Dialog mit der Bevölkerung nicht breit zu gestalten". Eine Volksbefragung hätte ein Bestandteil dieses Dialogs sein sollen. "So wie es jetzt ist, kann es jedenfalls nicht mehr weitergehen", so Swoboda.
In der morgigen Ausgabe der Kronen Zeitung und in der Zeit im Bild 2 sollen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und SPÖ-Parteichef Werner Faymann "eine 180 Grad-Wende im roten Europa-Kurs verkünden", so Riedl in seinem Blog weiter.
Inwiefern geht dieser "Gesinnungswandel" Hans Dichand, Herausgeber der Kronen Zeitung, aus, der eine scharfen Anti-EU-Kurs gefahren hatte? "Der soll Werner Faymann - und Gusenbauer - die goldene Möglichkeit aufgezeigt haben, sich mit diesem Schwenk aus der Krise manövrieren zu können - zumindest aber in die Arme der 'Krone'", schreibt Riedl in seinem Blog. Ist das so? "Ich bin dagegen, den Leserbriefen der Krone zu folgen", so Swoboda zu derStandard.at. Allerdings dürfe man nur, weil die Krone in etwas eine ähnliche Haltung habe, nicht prinzipiell dagegen sein.
Die überraschende Kehrtwende der SPÖ könnte der Auftakt des Wahlkampfes für vorgezogene Neuwahlen sein. Das Wählerpotenzial, das sich aus den EU-Skeptikern gerieren lässt, ist vermutlich hoch. Bei nur 28 Prozent der ÖsterreicherInnen ruft laut jüngstem Eurobarometer die EU ein positives Bild hervor. Die Mitgliedschaft in der EU ist nur noch für 36 Prozent der Österreicher eine gute Sache - der viertschlechteste Wert in der EU. (Anita Zielina, Katrin Burgstaller, Manuela Honsig-Erlenburg/derStandard.at, 26. Juni 2006)