AUA vor Teilverkauf, Bund fährt Anteil zurück - Ausmaß strittig

Utl.: Molterer: Zeit drängt, Entscheidung bis Herbst nötig

Wien (APA) - Für die defizitäre Austrian Airlines (AUA) deutet alles auf den Einstieg eines strategischen Airline-Partners hin. Unter der gegebenen wirtschaftlichen Entwicklung und Wettbewerbslage ist für Vizekanzler Finanzminister Wilhelm Molterer (V) als Eigentümervertreter des Hauptaktionärs Bund eine Stand-alone-Lösung für die AUA "eher unwahrscheinlich". Strittig ist in der Regierung indes, wieviel abgegeben wird. Gegen einen Totalrückzug der Staatsholding ÖIAG dürfte sich der Koalitionspartner SPÖ noch stemmen. Für Molterer ist hier aber das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Natürlich werde der Staat, wenn es nötig ist, seinen Anteil zurücknehmen. Seines Erachtens werde es aber unter "dieser Regierungskonstellation" sehr, sehr schwer sein, unter 25 Prozent zu gehen, so Molterer am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Politische Befindlichkeiten hätten hier aber nichts zu suchen. An der AUA ist die Republik Österreich über die Staatsholding ÖIAG mit 42,75 Prozent beteiligt.

Eine Beteiligungslösung für die AUA sei wahrscheinlich, und es gehe nicht mehr um einen Finanzinvestor, sondern um den Einstieg eines strategischen Partners, also einer anderen Airline. Wer das sein wird, sagte Molterer noch nicht. Ebenso ließ er im Klub heute dahingestellt, ob sich eine andere Airline mit einer Minderheitsbeteiligung und einem weiteren staatlichen Mitaktionär begnügen würde und ob der Staat weiter in die Tasche greifen würde, um im Fall nötiger Kapitalerhöhungen entsprechend an Bord zu bleiben.

Als aussichtsreichster Interessent für die AUA gilt die Lufthansa, die auch heute wieder ihr Grundsatzinteresse bekräftigt hat. Auch Aeroflot und Air France KLM werden kolportiert oder auch Emirates. Molterer sagte, er sei keiner der genannten Airlines verpflichtet oder irgendwie "vorfixiert". Man werde prüfen, wie strategische Lösungen bei anderen funktionierten. Auch die Frage der Allianzen sei zu berücksichtigen.

Entscheiden will Molterer jedenfalls im Herbst. Er will keine Zeit mehr verlieren. "Im Herbst wird eine Entscheidungsnotwendigkeit gegeben sein". Bis dahin würden "alle Optionen" geprüft. Vorrangig sei, die österreichische Infrastruktur und nachhaltige Standort- und Finanzierungssicherheit zu gewährleisten.

Molterer glaubt, dass die Privatisierungsdiskussion in Österreich in den nächsten Tagen und und Wochen überhaupt an Dynamik gewinnen wird. Für den von ihm propagierten Pflegefonds, der sich aus Privatisierungserlösen speisen sollte, sei die AUA freilich nicht das beste Beispiel, sagte Molterer, womit er den wohl nicht berauschenden Privatisierungserlös aus einem Rückzug bei der defizitären Airline umschrieb.

Spätestens seit der Aufsichtsratssitzung gestern, Montag, Abend, ist die AUA auch offiziell auf Partnersuche. Bis Ende Juli sollen erste Zwischenergebnisse bei der vom Beratungsunternehmen Boston Consulting Group (BCG) geführten Suche nach einem strategischen Partner vorliegen.

Als Schwergewichte schweben Molterer vielmehr Privatisierungsziele wie der Verbund vor oder auch ÖBB ausgenommen Infrastruktur. Auf Fragen, ob auch um Telekom/Mobilkom Privatisierungen geplant sind, sagte Molterer, er schließe in der Diskussion nichts aus. Beim Verbund, der es auf eine Börsenkapitalisierung von 17 Mrd. Euro bringe, könne sich jeder ausrechnen, was 25 Prozent wert wären. Ob und wann die dafür nötige Änderung des zweiten Verstaatlichtengesetzes machbar wäre, meinte Molterer: Bei gutem Willen jederzeit, sonst nicht in dieser Legislaturperiode. Dafür
braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat.

Nicht vom Tisch und schon gar nicht tot ist für Molterer der Plan für eine "Beamtenagentur". Die ÖIAG bastelt wie berichtet an einer Auffanggesellschaft für überzählige Beamte bei Telekom und Post. Laut Molterer gibt es noch keine entscheidungsreife Grundlage dafür. Als "nicht korrekt" kritisierte der Minister heute, dass man der Belegschaftsvertretung ein "absolutes Vetorecht" gebe, wie es Bundeskanzler Gusenbauer offenbar dem Postgewerkschaftschef Fritz versprochen habe.
(Schluss) rf/has/wyd
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WKN 62015 74640
ISIN AT0000620158 AT0000746409
WEB http://www.austrian.com
http://www.verbund.at
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APA379 2008-06-10/13:11

101311 Jun 08