Systematische Fahrgastvertreibung?

 

Es scheint tatsächlich so, als ob die Österreichische Bundesbahnen gezielt den Weg der Fahrgastvertreibung eingeschlagen hat

von Herbert Orsolits

Ein paar Beispiele gefällig? Nebenbahnen werden eingestellt, Gepäckstücke, die frau/man nicht mehr aufgeben oder hinterlegen kann, oder innerbetriebliche Konkurrenz zwischen Straße und Schiene. Alles Maßnahmen, die unter dem Deckmantel der Verbesserung von Serviceleistungen und notwendiger Einsparungen durchgeführt werden. Auf der Strecke bleiben dann die Reisenden.

Seitens des ÖBB-Managements ist man scheinbar der Meinung, dass unrentable (also für Bilanzen "unrentable") Nebenbahnen unnötig sind. Nur die Einstellung dieser hat Konsequenzen: Will beispielsweise ein/e Reisende/r aus dem Waldviertel nach Linz - und würde er gerne den Zug benützen -, so gleicht dies einem Abenteuerurlaub. Zuerst geht's nach St. Valentin, um zu einer Hauptstrecke zu kommen. Dazu muss er/sie einmal an die hundert Kilometer mit dem Pkw zurücklegen. Dann kann er/sie schließlich die letzten vierundzwanzig Kilometer mit einem schnellen, hoch gepriesenen (weil gewinnbringenden) IC oder EC zurücklegen. Nur - wer wird, wenn er/sie schon einmal hundert Kilometer mit dem Auto zurückgelegt hat, vor lauter Liebe zur Bahn die letzten vierundzwanzig Kilometer den Zug benutzen. Also ein verlorener Fahrgast! Und das Beispiel kann auf viele vom Zusperren bedrohte Nebenbahnen umgelegt werden.

Der Sommerfahrplan bringt Änderungen: Gepäckstücke können nicht mehr auf einem Bahnhof aufgeben oder auch hinterlegt werden, denn es muss ja gespart werden. Allein auf dem Wiener Westbahnhof hat das 53 Bediensteten den Job gekostet und BahnbenützerInnen ein angenehmeres Reisen. Kundenfreundlichkeit? Gezielte Fahrgastvertreibung!

Und dann wäre da noch der Punkt des Sich-selbst-Konkurrieren: Die ÖBB gliedert aus, was besonders gewinnbringend ist, darunter auch den Kraftwagendienst, der natürlich nicht so kostenaufwendig wie ein Reisezug ist und dadurch den Status "positiv" hat. Und dann kommt der ÖBB-"Straße" auch noch die günstigere Fahrplangestaltung zugute. So im Burgenland: Da fährt der ÖBB-Bus vom Bahnhof Eisenstadt Richtung Wien fünf Minuten vor der Planabfahrtszeit des Regionalzuges ab und ist zirka zwanzig Minuten früher in Wien als der Zug. Selbstverständlich ziehen die Reisenden die schnellere Variante vor, obwohl der umweltfreundlichere Zug genau so schnell sein könnte, hätte man es nicht verabsäumt, die Strecke in gutem Zustand zu halten. Innerbetriebliche Konkurrenz, zwischen Abteilungen, die unterschiedliche Ausgangsmöglichkeiten haben: bei dieser Politik kann die Schiene nur Zweiter sein. Ich sage dazu: Gezielte und systematische Fahrgastvertreibung!