Richtlinien zur Schadenersatzpflicht der ÖBB-Angestellten
(Zl. 22417-1-1995)
1. § 15 AVB bestimmt,
dass jeder ÖBB-Angestellte für die ihm in Ausübung des Dienstes
anvertrauten Güter und Werte verantwortlich ist, unabhängig davon, ob es
sich um Eigentum der ÖBB oder ein in deren Gewahrsam befindliches Gut
handelt. Ob und in welchem Ausmaß ein ÖBB-Angestellter einen bei der
Erbringung der Dienstleistung verursachten Schaden zu ersetzen hat, ist
nach den folgenden Richtlinien zu beurteilen.
2. Bei der
Schadensfeststellung ist zu prüfen, ob zwischen dem entstandenen Schaden
und dem Verhalten des verantwortlichen ÖBB-Angestellten ein ursächlicher
Zusammenhang besteht und ob der ÖBB-Angestellte den Schaden schuldhaft
herbeigeführt bzw. nicht abgewendet hat. Es ist daher zu prüfen, ob der
haftbare ÖBB-Angestellte mit Rücksicht auf die Besonderheiten der Sachlage
überhaupt imstande war, einen drohenden Schaden rechtzeitig zu erkennen
und durch zweckmäßiges Handeln abzuwehren. Es muss in jedem Fall
unterschieden werden, ob der ÖBB-Angestellte den Schaden
a) vorsätzlich,
b) durch
fahrlässiges Verhalten oder
c) durch eine
entschuldbare Fehlleistung
herbeigeführt hat.
Vorsätzlich handelt
der ÖBB-Angestellte dann, wenn ihm die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens
bewusst ist, er den schädlichen Erfolg vorhersieht und seinen Eintritt
billigt. Fahrlässig handelt er, wenn er die gehörige Sorgfalt außer acht
lässt. Eine entschuldbare Fehlleistung des ÖBB-Angestellten liegt vor,
wenn der Eintritt des Schadens überhaupt nicht oder nur bei
außerordentlicher Aufmerksamkeit und außerordentlichem Fleiß voraussehbar
gewesen wäre.
3. Im Falle
nachweislich vorsätzlichen oder fahrlässigen Verhaltens ist der
ÖBB-Angestellte zur Ersatzleistung heranzuziehen. Bei vorsätzlicher
Schadensverursachung ist überdies Strafanzeige zu erstatten.
4. Bei der
Entscheidung über die Höhe der Ersatzpflicht ist vor allem auf das Ausmaß
des Verschuldens des ÖBB-Angestellten und insbesondere auf folgende
Umstände Bedacht zu nehmen:
a) auf das Ausmaß der
mit der ausgeübten Tätigkeit verbundenen Verantwortung,
b) inwieweit bei
der Bemessung des Entgelts ein mit der ausgeübten Tätigkeit verbundenes
Wagnis berücksichtigt worden ist,
c) auf den Grad der
Ausbildung des ÖBB-Angestellten,
d) auf die
Bedingungen, unter denen die Dienstleistung zu erbringen war,
e) ob mit der vom
ÖBB-Angestellten erbrachten Dienstleistung erfahrungsgemäß die nur
schwer vermeidbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit des Eintritts
eines Schadens verbunden ist und
f) auf die
wirtschaftliche Lage des ÖBB-Angestellten.
Die Hereinbringung des
Ersatzbetrages erfolgt im Kompensationswege durch Abzug von den
finanziellen Leistungen aus dem Dienstverhältnis, wobei unter Bedachtnahme
auf die wirtschaftliche Lage des ÖBB-Angestellten angemessene Teilbeträge
festzusetzen sind.
5. Vor der
Heranziehung zur Ersatzleistung ist dem haftbaren ÖBB-Angestellten
Gelegenheit zu geben, sich zur Verschuldensfrage zu äußern. Erfolgt dies
im Zuge einer Einvernahme nach der DV V 26 oder eines
Disziplinarverfahrens, ist der ÖBB-Angestellte ausdrücklich darauf
hinzuweisen, dass eine Äußerung über sein Verschulden auch für ein
Verfahren gemäß § 15 AVB relevant ist. Die Angaben des ÖBB-Angestellten
sind schriftlich festzuhalten; auf Verlangen ist der Befragung eine
örtlich zuständige Vertrauensperson beizuziehen. Das vollständige
Erhebungsmaterial einschließlich allfälliger Niederschriften über die
Einvernahme der Zeugen und der Rechtfertigung des haftbaren
ÖBB-Angestellten ist vom Geschäfts- bzw. Zentralbereich dem zuständigen
PSC zu übermitteln, dem die Entscheidung, ob der für Verlust oder
Beschädigung haftbare ÖBB-Angestellte im Einzelfall zur Ersatzleistung
heranzuziehen ist, sowie die Festsetzung der Höhe des vorzuschreibenden
Ersatzbetrages obliegt. Das PSC hat überdies das Einvernehmen mit der
Personalvertretung herzustellen. Bei Kompetenzkonflikten entscheidet der
Zentralbereich Personal im Einvernehmen mit dem Zentralausschuss der
Bediensteten der ÖBB.
6. Die Entscheidung
über die Ersatzvorschreibung ist dem ÖBB-Angestellten nachweisbar
zuzustellen.
7. Das in den Punkten
4 bis 6 vorgeschriebene Verfahren zur Festsetzung des Ersatzbetrages hat
aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung zu entfallen, wenn es sich um den
Verlust oder die totale Beschädigung bahneigener Gegenstände mit einem
Listenpreis bis zu S 5.000,-- (Bagatellfälle) handelt und sich der
schuldtragende ÖBB-Angestellte bereit erklärt, den nach den folgenden
Grundsätzen zu ermittelnden Ersatzbetrag zu bezahlen.
Der Ersatzbetrag
beträgt
70 % des jeweiligen
Listenpreises bei neuen oder neuwertigen Gegenständen,
40 % des jeweiligen
Listenpreises bei gebrauchten Gegenständen.
Die Ermittlung des
Ersatzbetrages obliegt der Dienststelle des ÖBB-Angestellten.
Die Verrechnung der
Ersatzbeträge ist gemäß den Bestimmungen der DV F 2, Teil 3, vorzunehmen.
8. Die Punkte 1 bis 7
finden auch auf Berechnungsersatzmängel im Verkehrseinnahmendienst
Anwendung. An die Stelle des nach Punkt 5 zuständigen PSC tritt jedoch
Abrechnung Güterverkehr bzw. Verkehrseinnahmen-Abrechnung Personenverkehr,
als zuständige Personalvertretung gilt der Zentralausschuss. Die
Bestimmungen des Punktes 7 sind auf Berechnungsersatzmängel bis zu S
2.000,-- pro Einzelfall anzuwenden, wobei der Ersatzbetrag 50 % der
festgestellten Schadenssumme beträgt.
9. Die Heranziehung
zur Ersatzleistung hat unabhängig davon zu erfolgen, ob das den Schaden
verursachende Verhalten des ÖBB-Angestellten auch den Tatbestand einer
Dienstpflichtverletzung erfüllt und allenfalls Maßnahmen nach der
Disziplinarordnung nach sich zieht.
Diese Richtlinien
treten mit dem Inkrafttreten der Allgemeinen Vertragsbedingungen für
Dienstverträge bei den ÖBB (AVB) in Kraft. Gleichzeitig tritt die DA
(132), GDNBl. 11. Stück/1969, zuletzt geändert mit DA (103), GDNBl. 10.
Stück/1986 außer Kraft.