Fragen und Antworten
Was Du über die geplante Pensionsharmonisierung wissen solltest ...
Die Bundesregierung hat im Jahr 2003 massive Änderungen im Pensionssystem
beschlossen - warum soll es 2005 wieder Änderungen im Pensionssystem geben?
Im Jahr 2003 wurde im Parlament die so genannte Pensionssicherungsreform
beschlossen, die mit 1. Jänner 2004 in Kraft trat. Diese bringt die Abschaffung
der vorzeitigen Alterspensionen und massive Pensionskürzungen für alle
Betroffenen, die aber in den unterschiedlichen Pensionssystemen (ArbeiterInnen,
Angestellte, Gewerbetreibende, Bauern, Beamte.) unterschiedlich wirken.
Der ÖGB hat immer verlangt, statt diesen unsystematischen Pensionskürzungen ein
einheitliches Pensionssystem für alle Erwerbstätigen zu schaffen. Diese Idee
wurde zwar von der Regierung aufgegriffen, die Pensionskürzungen durch die
"Reform 2003" bleiben allerdings aufrecht. Damit wird die Pensionsharmonisierung
bzw. das harmonisierte Recht, das grundsätzlich ab 1. Jänner 2005 in Kraft
treten soll, vielen Menschen weitere Verluste bringen.
Was bedeutet die Formel 45/65/80
Haben bisher nicht auch alle Zeiten gezählt?
Führt die Lebensdurchrechnung nicht zu drastischen Pensionskürzungen?
Wie werden Ersatzzeiten im harmonisierten System angerechnet?
Warum kritisiert der ÖGB die Ersatzzeitenbewertung im harmonisierten System,
obwohl die Beträge höher sind als bisher?
Wie wird die Pensionshöhe im harmonisierten System ermittelt?
Gilt die Harmonisierung für alle Erwerbstätigen?
Was ist die Parallelrechnung?
Was gilt für über 50-jährige?
Was heißt Deckelung? Wozu gibt es sie und für wen gilt sie?
Was ändert sich durch die Harmonisierung an der Deckelung?
Wann kann man künftig in Pension gehen?
Was ist ein Pensionskorridor?
Was ist die so genannte Hacklerregelung?
Wie funktioniert die SchwerarbeiterInnen-Regelung?
Was bedeutet die Formel 45/65/80?
Die Pensionshöhe in einem harmonisierten Pensionssystem soll nach 45
Versicherungsjahren im Alter von 65 Jahren 80 Prozent des
Lebensdurchschnittseinkommens betragen. Das bedeutet, dass im harmonisierten
Pensionsrecht alle Beschäftigungszeiten, aber auch Zeiten der Arbeitslosigkeit,
Kindererziehungszeiten, Krankenstandszeiten, Präsenz- und Zivildienst (so
genannte Ersatzzeiten), sowie nachgekaufte Versicherungszeiten in Zuge einer
Lebensdurchrechnung in die Berechnung der Pensionshöhe einfließen.
Haben bisher nicht auch alle Zeiten gezählt?
Die Pensionshöhe hing zwar auch bisher von der Anzahl der erworbenen
Versicherungszeiten ab, Berechnungsbasis waren aber die besten 15 bzw. 18 Jahre
- das heißt, jene Jahre in denen man am meisten verdient hat
(Bemessungsgrundlage). Erst durch die so genannte Pensionssicherungsreform 2003
wurde der Berechnungszeitraum ab 2004 um ein Jahr pro Kalenderjahr verlängert.
Ersatzzeiten blieben aber bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage außer
Betracht. Im harmonisierten System, das 2005 in Kraft treten soll, werden die
Zeiten allerdings eingerechnet (Lebensdurchrechnung).
Führt die Lebensdurchrechnung nicht zu drastischen Pensionskürzungen?
Voraussetzung dafür, dass die Lebensdurchrechnung nicht zu dramatischen
Pensionsminderungen führt, sind einerseits die Aufwertung der Einkommen der
vergangenen Jahre und andererseits eine hohe Bewertung von Ersatzzeiten.
Ersteres ist beim vorliegenden Harmonisierungsentwurf gewährleistet. Fließen in
die Pensionsberechnung allerdings viele Ersatzzeiten ein, so wird durch deren
ungenügende Bewertung die Pensionshöhe zukünftig stark sinken. Ebenso führen
auch lange Teilzeitphasen mit geringem Einkommen zu niedrigen Pensionen.
Wie werden Ersatzzeiten im harmonisierten System angerechnet?
Kindererziehungszeiten werden bis zum Höchstausmaß von vier Jahren pro Kind mit
1.157 Euro monatlich bewertet. Präsenz- und Zivildienst werden in gleicher Höhe
bis zu maximal einem Jahr bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage
eingerechnet. Arbeitslosenzeiten werden vereinfacht gesagt mit 70 Prozent des
vorherigen Einkommens angerechnet, Zeiten des Notstandshilfebezugs mit 92
Prozent des zuvor bei Arbeitslosigkeit angerechneten Betrages. Die Anrechnung
erfolgt auch dann, wenn durch Anrechnung des Partnereinkommens auf die
Notstandshilfe kein finanzieller Anspruch gegenüber dem AMS besteht.
Krankenstandszeiten werden in Höhe des zuvor bezogenen Einkommens
berücksichtigt.
Warum kritisiert der ÖGB die Ersatzzeitenbewertung im harmonisierten System,
obwohl die Beträge höher sind als bisher?
Bisher wurden als Grundlage für die Pensionsberechnung nur Zeiten der
Erwerbstätigkeit herangezogen. Bei einer Lebensdurchrechnung werden auch
Ersatzzeiten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage eingerechnet. Werden die
Ersatzzeiten mit einem geringeren Betrag als das vorherige Einkommen bewertet,
senkt das natürlich die Bemessungsgrundlage und bringt Pensionskürzungen mit
sich.
Wie wird die Pensionshöhe im harmonisierten System ermittelt?
Aus dem gesamten Lebenserwerbseinkommen wird unter Einrechnung aller
Ersatzzeiten ein Durchschnittseinkommen, die so genannte Bemessungsgrundlage,
ermittelt. Weiter zurückliegende Zeiten werden entsprechend aufgewertet. Pro
Versicherungsjahr (Zeiten der Erwerbstätigkeit oder Ersatzzeit) erhält man 1,78
Prozent dieser Bemessungsgrundlage. Das heißt: Bei Vorliegen von 45
Versicherungsjahren erhält man 80 Prozent der zuvor ermittelten
Bemessungsgrundlage als Pension. Bei Antritt vor dem Regelpensionsalter 65 Jahre
gibt es allerdings Abschläge. Die Höhe des Abschlags beträgt 4,2% pro Jahr.
Gilt die Harmonisierung für alle Erwerbstätigen?
Über 50-jährige sind von den neuen Regelungen ausgenommen und bleiben in ihren
jeweiligen alten Pensionssystemen. Pensionen für unter 50-jährige werden teils
nach den verschiedenen alten, teils nach dem neuen harmonisierten System
berechnet. Mittels Parallelrechnung (Mischung) wird ein Durchschnitt aus altem
und neuem System gebildet. Nur Menschen die ab 2005 neu ins Erwerbsleben
eintreten, fallen vollständig unter die Regelungen des harmonisierten Systems.
Was ist die Parallelrechnung?
Für alle unter 50-jährigen, die bereits im Erwerbsleben stehen, müssen bei
Pensionsantritt zwei Pensionen ermittelt werden. Einmal wird die Pension für den
gesamten Erwerbsverlauf nach dem jeweiligen alten, voraussichtlich bis Ende 2004
geltendem Recht errechnet, einmal nach dem harmonisierten Recht. Dann wird ein
gewichteter Durchschnitt gebildet, wobei das Verhältnis von Alt- zu Neurecht
davon abhängt, wie viele Versicherungszeiten vor bzw. nach dem 1. Jänner 2005
erworben wurden. Wurden beispielsweise 30 Jahre vor dem 1. Jänner 2005 erworben,
15 danach, wird die Pension nach altem Recht zu zwei Drittel, jene nach neuem
Recht zu einem Drittel berücksichtigt.
Was gilt für über 50-jährige?
Für über 50-jährige gilt die 2004 bestehende Rechtslage, das heißt, jene nach
der so genannten Pensionssicherungsreform 2003, weiter. Damit werden alle
Kürzungen durch diese "Reform" wirksam, die Verluste gegenüber der zuvor
bestehenden Rechtslage sind allerdings gedeckelt. Lediglich der
Pensionskorridor, die neue Deckelung und die Hacklerregelung (siehe unten) sind
auch auf über 50-jährige anwendbar.
Was heißt Deckelung? Wozu gibt es sie und für wen gilt sie?
Die so genannte Pensionssicherungsreform, die von der Bundesregierung im Vorjahr
beschlossen wurde, führt zu massiven Verlusten für alle Betroffenen. Durch die
Proteste des ÖGB und der Gewerkschaften wurde ins Gesetz aufgenommen, dass die
Einbußen durch die beschlossenen Pensionskürzungen gegenüber der alten
Rechtslage (bis 31. Dezember 2003) zehn Prozent nicht übersteigen dürfen - auch
wenn die Berechnung nach den neu beschlossenen Regelungen eine noch geringere
Pension ergeben würde. Durch diese Maßnahme wurden die zu erwartenden Pensionen
für viele Menschen überfallsartig um zehn Prozent gekürzt, darüber hinausgehende
Kürzungen werden aber nicht wirksam. Die "gedeckelten" Kürzungen treffen alle,
deren Pensionsstichtag nach dem 31. Dezember 2003 liegt.
Was ändert sich durch die Harmonisierung an der Deckelung?
Da, wie vom ÖGB angekündigt, sehr viele Menschen, die heuer in Pension gingen
bzw. noch gehen werden, Verluste von zehn Prozent gegenüber der Rechtslage vor
der so genannten Pensionssicherungsreform in Kauf nehmen müssen, forderten die
ArbeitnehmerInnen-Vertretungen die Rücknahme dieser Pensionskürzungen.
Stattdessen will die Regierung nun im Zuge der Harmonisierung die Verluste mit
fünf statt mit zehn Prozent begrenzen. Allerdings nur für Menschen mit
Pensionsstichtag 2004 oder 2005. Ab 2006 wird der "Deckel" wieder angehoben und
zwar pro Jahr um 0,25-Prozent-Punkte. Das bedeutet für Menschen, die 2010 in
Pension gehen sechs Prozent Verlust, 2014 sieben Prozent Verlust und 2024
erreicht der Verlust wieder 10 Prozent. Leider kommen aber zu den "gedeckelten"
Verlusten durch die von der Bundesregierung geplante Harmonisierung weitere
Kürzungen dazu (siehe Pensionskorridor). Die Gesamtverluste gegenüber der
Rechtslage 2003 können schon in wenigen Jahren 20 Prozent und mehr betragen.
Wann kann man künftig in Pension gehen?
Das Regelpensionsalter der Männer beträgt 65, jenes der Frauen 60 Jahre.
Zwischen 2024 und 2033 wird das Frauenpensionsalter schrittweise jenem der
Männer angeglichen. Die Möglichkeit vorzeitig in Pension zu gehen (bis 2003 noch
im Alter von 61,5 bzw. 56,5) wird durch die so genannte Pensionssicherungsreform
bis 2014 schrittweise abgeschafft. Neu eingeführt wird ein "Pensionskorridor".
Was ist ein Pensionskorridor?
Durch die so genannte Pensionssicherungsreform kam es nicht nur zu massiven
Pensionskürzungen, sondern auch zur Abschaffung der vorzeitigen Alterspensionen.
Durch diese Maßnahme der Bundesregierung können Männer ab 2014 nicht mehr vor
65, Frauen nicht mehr vor 60 in Pension gehen, außer sie haben Anspruch auf
Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension. Der ÖGB forderte die Rücknahme
dieser Maßnahme, da sie mittelfristig dazu führt, dass selbst Personen, die
45/40 und mehr Jahre gearbeitet haben, nicht vor 65/60 in Pension gehen können.
Statt der vorzeitigen Alterspension für Menschen mit langer Versicherungsdauer
will die Regierung mit der Harmonisierung einen Pensionskorridor einführen.
Dieser soll einen Pensionsantritt ab 62 ermöglichen, allerdings nur unter der
Voraussetzung, dass 37,5 Versicherungsjahre erreicht wurden - und mit massiven
Abschlägen. Der Abschlag bei Inanspruchnahme des Korridors beträgt 4,2 Prozent
für jedes Jahr das man vor dem frühest möglichen Antrittsalter nach der so
genannten Pensionssicherungsreform (ab 2014 ist das 65) in Pension geht und
fällt nicht unter den Deckel (siehe oben). Zu den Verlusten aus der
Pensionssicherungsreform kommen die Abschläge des Korridors hinzu, so dass die
Gesamtverluste gegenüber der Rechtslage 2003 20 Prozent und mehr betragen
können.
Ein eigener Korridor für Frauen ist nicht vorgesehen. Da deren
Regelpensionsalter bis 2024 aber 60 ist, ist ein vorzeitiger Pensionsantritt
nicht möglich.
Was ist die so genannte Hacklerregelung?
An der Abschaffung der vorzeitigen Alterspensionen mit der so genannten
Pensionssicherungsreform wurde vor allem kritisiert, dass damit auch für
Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben keine Möglichkeit besteht vor
60/65 in Pension zu gehen. Zur Beruhigung dieser Gruppe wurde die so genannte
"Hacklerregelung" geschaffen, die es Frauen ermöglicht weiterhin mit 55 Jahren
ohne Abschläge in Pension zu gehen, wenn sie zu diesem Zeitpunkt 40
Beitragsjahre aufweisen können. Männer dürfen mit 60 und 45 Beitragsjahren in
Pension gehen. Als Beitragsjahre im Sinne der "Hacklerregelung" zählen
allerdings nur Zeiten tatsächlicher Erwerbstätigkeit sowie
Kindererziehungszeiten und Präsenzdienst. Die "Hacklerregelung" war von Anfang
an befristet. Mit der Harmonisierung soll diese Befristung bis 2010 verlängert
werden.
Wie funktioniert die SchwerarbeiterInnen-Regelung?
Ab 1. Jänner 2007 gibt es eine neue SchwerarbeiterInnen-Regelung, die einen
vorzeitigen Pensionsantritt vorsieht, wenn man insgesamt 45 Versicherungsjahre,
davon mindestens 15 Schwerarbeitsjahre, hat. Jedes Schwerarbeitsjahr ermöglicht
einen um drei Monate früheren Pensionsantritt. Hat man 20 Schwerarbeitsjahre
kann man mit 60 Jahren in Pension gehen. Der Abschlag für jedes Jahr vor 65
beträgt zwischen 2,1 und 0,85 Prozent, je nachdem wie viel
SchwerarbeiterInnen-Jahre man hat.
Die neue Schwerarbeitsregelung ist geschlechtsneutral formuliert, eine analoge
Regelung, die einen Pensionsantritt für Frauen mit 55 Jahren vorsieht, fehlt.
Von 2011 bis 2019 können Frauen somit nur dann mit 55 Jahren in Pension gehen,
wenn sie unter die alte SchwerarbeiterInnen-Regelung fallen. Die bisherige
SchwerarbeiterInnen-Regelung sieht allerdings vor, dass man nur dann mit 55/60
Jahren in Pension gehen kann, wenn man 45 bzw. 40 Beitragsjahren hat, wobei mehr
als die Hälfte Schwerarbeit sein müssen. Der Abschlag für Antritt vor 60/65
Jahren beträgt 4,2 Prozent. Die Abschläge fallen gemäß dem Entwurf unter den
Deckel. Die bisherige SchwerarbeiterInnen-Reglung ist für Männer irrelevant, da
die Voraussetzungen für die neue SchwerarbeiterInnen-Regelung wesentlich
günstiger sind als für die alte.