Deutsche Bahn soll (für Kapitalgesellschaften) zerlegt werden.

Droht unserer ÖBB ein ähnliches Schicksal?

Wie der Pressemeldung zu entnehmen ist, fordern "Experten" die Zerlegung der DB um sie für die Börse fit zu machen. Klar, kleinere Happen sind natürlich besser auszusondieren. Die Zerlegung der ÖBB hat de fakto schon stattgefunden. Das Vorantreiben dieser Aufteilung durch die Politik, der aggressive Marktorientierung durch das Management, der radikale Personalabbau, alles Zeichen, dass es über kurz oder lang auch bei uns in Richtung Börse gehen soll.

Und immer wieder die selben Argumente von Seiten der Befürworter eines solchen neoliberalen Kurses. Alles soll für den Kunden billiger und besser werden. Die Wirklichkeit sieht allerdings ganz anderes aus. Es wird teurer - seit der Stromliberalisierung in der BRD sind die Kosten für den Verbraucher enorm gestiegen, die Netze im Gegenzug immer Störanfälliger - und es wird gespart auf Teufel komm raus. Schließlich wollen die Aktionäre ja Profite sehen.
 

 

APA0214 5 WA 0614 28.Dez 05

Verkehr/Bahn/Deutschland/Hintergrund

Gutachter favorisieren Zerlegung von Deutscher Bahn
Utl.: Entscheidung über Börsengang soll Anfang 2006 fallen

Berlin (Reuters) - Das Jahr hätte sehr schön für den deutschen Bahnchef Hartmut Mehdorn enden können: Den Gewinn über Plan gesteigert, der lange verlustreiche Fernverkehr im Plus und im Koalitionsvertrag ein Beschluss zum Börsengang.

Doch wenn Mehdorn in den nächtlichen Silvesterhimmel sieht, so könnte er seine Träume von einer Börsen-Fahrt der Bahn zerplatzen sehen wie die Raketen über ihm.

Denn ihm war immer klar: Die Bahn muss so privatisiert werden, wie sie ist - und wie er sie geformt hat. Züge zusammen mit Schienen und Bahnhöfen. Schließlich sei er der einzige Deutsche, der eine Modellbahn im Maßstab 1:1 habe, wie er nur halb im Scherz sagte. Und nun legen ihm Gutachter im Regierungsauftrag nahe, dass genau die Bahn zusammen mit den Schienenwegen nicht das beste Modell für den Gang aufs Parkett sei. Zumindest nicht für den Steuerzahler, wie aus dem Studien-Entwurf hervorgeht, der Reuters zugänglich gemacht wurde.

Denn die Experten um die Beratungsgesellschaft von Booz Allen Hamilton haben ausgerechnet, dass eine rechtliche Trennung des Schienennetzes die bessere Lösung ist. Auch wenn es mit Verträgen eng am früheren Unternehmen angebunden werden soll.

Besser vor allem, weil von diesem Modell mehr Wettbewerb auf der Schiene mit Bahn-Konkurrenten erhofft wird. Das soll die Preise drücken und letztlich auch den Bundeshaushalt entlasten. Denn der überweist jährlich knapp sieben Milliarden Euro für Zuschüsse zum Nahverkehr, um die Fahrt vor allem zur Arbeit bezahlbar zu halten.

Der CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter sprach sich als einer der ersten Finanzexperten daher schon für die Zerlegung der Deutschen Bahn aus. Er sei nicht verwundert das Ergebnis der Studie, sagte er. Verkehrspolitiker von Union, Grünen und FDP fordern die Trennung seit längerem aus Wettbewerbsgründen und fühlen sich nun auch von der
Haushaltsseite bestärkt. Möglichst in den ersten Monaten des Jahres 2006 wollen Bundestag und Regierung auf Grundlage des Gutachtens die Entscheidung über den Börsengang fällen.

Das ist ärgerlich für Mehdorn - vor allem weil vor ein paar Wochen die Lage noch anders aussah. Da lag sein Modell knapp vorne. Einmalerlöse beim Börsengang zwischen fünf und knapp neun Milliarden soll danach der Bund erhalten. Rechnerisch ergibt sich inklusive erwartete Dividendenzahlungen für den Bund ein Haushaltsvorteil von gut 23 Mrd. Euro. Die drei anderen untersuchten Trennungs-Modelle, dem unterschiedliche Ausmaße des Abstands des Netz zur Bahn zu Grunde lagen, schnitten damals schlechter ab.

Das hat sich geändert: Nicht nur liegt das so genannte Eigentumsmodell (rein rechtliche Trennung) nun mit gut 24 Milliarden Euro vorne, das ebenfalls Einmalerlöse von bis rund 8,5 Milliarden Euro verspricht. Auch ein Szenario mit weitergehender Trennung ist dem Mehdorn-Modell aus Haushaltssicht praktisch gleichwertig.

Hintergrund der Änderungen ist ein Streit zwischen den Gutachtern über Berechnungsgrundlagen. Geringfügige Variationen führen hier schnell zu anderen Ergebnissen. Im Jänner soll nun das gut 500-Seiten dicke Werk vorliegen, das eigentlich im Sommer fertig sein sollte. Dann soll schnell entschieden werden. Denn spätestens im Jahr 2008 soll das Unternehmen privatisiert werden, heißt es in der Bahn. Auch das Gutachten hält dies für realistisch.

Noch ist für Mehdorn jedoch nicht alles verloren: Denn wegen des Expertenstreits ist keineswegs klar, dass das Gutachten auch in der Endfassung Mehdorns Modell hinten sieht. Im Umfeld der Gutachter heißt es, besonders die US-Investmentbank Morgan Stanley wolle das derzeitige Ergebnis so nicht hinnehmen. Ein Nebengutachten darf es aber nicht geben, das verlangt der Bund.

Der Verkehrsausschuss des deutschen Bundestags - alarmiert durch die Diskussionen - will daher alle Gutachter einzeln hören. Und auch der Bahnchef wird sicher nochmal vorsprechen. Mehdorn kann die Abgeordneten also selbst überzeugen, dass seine Modell-Bahn die beste für Deutschland ist. Gelingt ihm das nicht, heißt es im Unternehmen, wird an der Modell-Bahn-Spitze eine Stelle frei.
(Schluss) rf