Zwist um Nahverkehrs-Reform
vor Landeshauptleute-Konferenz
Anm. der GUG
Wer immer mehr Straßen baut, darf sich nicht wundern, dass diese auch benützt werden. Wer den öffentlichen Personenverkehr immer weiter ausdünnt, der darf sich nicht wundern, dass immer weniger diesen in Anspruch nehmen. Jeden halbwegs vernünftig denkenden Menschen ist dies klar. Nur Politiker wundern sich noch! Und über diese dürfen wir uns dann wundern - oder?
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24.Mai 05
Verkehr/Bahn/Straße/Landeshauptleute/Konferenz/Vorschau
Zwist um Nahverkehrs-Reform vor Landeshauptleute-Konferenz
Utl.: Verkehrsstaatssekretär legt Stufenplan zur Verländerung vor - Einrichtung
einer Arbeitsgruppe erwartet - Diskussion auch um Konzentration von
Genehmigungsverfahren beim Bund =
Wien/Eisenstadt (APA) - Vor der Landeshauptleutekonferenz im burgenländischen
Seewinkel morgen, Mittwoch, ist eine neuerliche Diskussion um die Reform des
öffentlichen Nahverkehrs entbrannt. Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka (V)
will dabei den Landeshauptleuten seine Vorstellungen für eine schrittweise
Verländerung der Regionalbusse und Nebenbahnen präsentieren.
ÖVP-Umweltminister Josef Pröll verteidigte am Dienstag die Reformpläne. Trotz
steigender Budgetausgaben sei der Anteil des öffentlichen Verkehrs in den
vergangenen Jahren auf nur noch 17 Prozent gesunken. Dieser Trend solle mit der
schrittweisen
Verländerung jetzt gestoppt werden, meint Pröll.
Die Arbeiterkammer (AK) dagegen warnte davor, dass im Rahmen dessen die schon
jetzt zu niedrigen Bundesmittel für den Nahverkehr auf dem Niveau der Jahres
2003 eingefroren werden sollen. Die Verantwortung der Instandhaltung und
Verbesserung des Nahverkehrs würde alleine den Ländern aufgebürdet, kritisierte
AK-Präsident Herbert Tumpel in einer Aussendung. Der Bund riskiere damit die
Schließung zahlreicher Nebenbahnen, weitere Angebotsverschlechterungen und
Tariferhöhungen, meint er. Auch Städtebund-Generalsekretär Erich Pramböck
forderte die Landeshauptleute auf, die Pläne aus dem Verkehrsministerium
abzulehnen. Eine unausgegorene Reform würde "mehr Autoverkehr, mehr Staus, mehr
Feinstaub und mehr Kosten für alle Verkehrsteilnehmer
verursachen".
Tatsächlich soll die Verländerung des Nahverkehrs allerdings weit langsamer
kommen als ursprünglich geplant. Kukacka wird morgen, Mittwoch, einen Stufenplan
vorschlagen. Mit Beschlüssen zum Nahverkehr dabei generell nicht zu rechnen.
Stattdessen soll dem Vernehmen nach nur eine gemeinsame Arbeitsgruppe
eingerichtet werden, in der dann weiter verhandelt werden wird.
Nach dem derzeitigen Stand soll es per 1.1.2006 vorerst nur im Bus-Bereich und
bei der Finanzierung der Verkehrsverbünde Änderungen geben. Mit einer Änderung
des Österreichischen Personennah- und -regionalverkehrsgesetzes (ÖPNVRG) und des
Kraftfahrliniengesetzes soll die bisher übliche automatische Verlängerung von
Linienkonzessionen gestoppt und ein Konzessionskataster eingeführt werden, aus
dem künftig hervorgeht, welche Konzessionen wann ablaufen. Außerdem will Kukacka
per 1. Jänner erreichen, dass künftig auch die teilweise Verlustabdeckung für
die Verkehrsverbünde (dabei geht es um 54 Mio. Euro) und die Förderungen für
neue Buslinien in Höhe von 11,5 Mio. Euro abgewickelt wird, wobei das Geld
weiter vom
Bund kommen soll.
Erst 2007 soll es laut Kukacka zu einer Verländerung der FLAF-Zahlungen für den
Personennahverkehr kommen. In einer dritten Etappe sollen 2008 schließlich auch
die Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen auf die Länder übertragen
werden. Statt pauschal würden die ÖBB dann pro Strecke bezahlt.
Völlig unklar ist noch, was in Zukunft mit den Nebenbahnen passieren soll. Die
ÖBB wollen bis Herbst eine Ergebnisrechnung für 37 Strecken vorlegen. Zuletzt
hatten die Bundesbahnen mehr Geld verlangt, wenn diese Strecken weiter geführt
werden sollen. Denkbar ist laut Kukacka aber auch, dass die Ländern künftig die
Nebenbahnen selbst betreiben.
Laut Vizekanzler Hubert Gorbach (V) soll die Landeshauptleutekonferenz am
Mittwoch auch über eine Reform der Genehmigungsverfahren für
Infrastrukturprojekte beraten. Gorbach hat nach dem Job-Gipfel vergangene Woche
einen neuen Vorstoß für eine Konzentration sämtlicher Genehmigungsprozesse beim
Bund angekündigt. Das heißt die Länder müssten etwa bei den Wasserrechts- und
Umweltprüfungsverfahren ihre Kompetenzen abgeben. Der Minister will damit
Bauprojekte beschleunigen.
Prominestes Beispiel für eine Verzögerung auf Grund wasserrechtlicher Bedenken
eines Bundeslandes ist der Semmering-Basistunnel. Niederösterreich behindert das
Projekt durch seine Landesgesetzgebung bereits seit Jahren. Dass
Niederösterreich einfach auf dieses Mittel verzichten wird, ist
unwahrscheinlich.
(Schluss) klm/wyg
APA0593 2005-05-24/15:53