Gelder für Schienenerhalt werden knapp!
In das bestehende Schienennetz wird zu
wenig investiert - Bahnkreise warnen vor Langsamfahrstellen und
Sicherheitsrisiken
Wien - Bei den ÖBB werden die Mittel für die
Erhaltung des Schienennetzes knapp. ÖBB-Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker
hat bestätigt, dass wie in Deutschland auch in Österreich tendenziell zu wenig
in das bestehende Schienennetz investiert werde. Aus ÖBB-Kreisen hieß es, dass
schon kurzfristig ein Finanzierungsengpass drohe. Die ÖBB Infrastruktur Bau AG
soll deshalb womöglich der ÖBB Infrastruktur Betrieb AG für die nächsten zwei
Jahre einen Teil der regelmäßigen Pachtzahlungen stunden und so das
Erhaltungsbudget entlasten.
Offiziell wollte die ÖBB-Führung dazu keine Stellungnahme abgeben. Inoffiziell
hieß es, wenn man im Betrieb nicht mehr Geld in die Hand nehme, werde das
Gesamtsystem "schon kurz- und mittelfristig teurer kommen". Die Folge wären mehr
Langsamfahrstellen aber auch höhere Sicherheitsrisiken, hieß es. Derzeit liege
Diskussion noch auf Eis. Man warte die neue Vorstandsbestellungen in der
ÖBB-Holding und deren Tochtergesellschaften ab. Die Personalentscheidung wird
voraussichtlich Ende Oktober fallen, die Bestellung dann mit Jahresbeginn 2008
erfolgen.
"Desolater Zustand" in Deutschland
In Deutschland wird bereits seit Monaten über den "desolaten" Zustand der
dortigen Schieneninfrastruktur diskutiert. Im vergangenen Jahr hat die Länge der
Langsamfahrstellen in Deutschland um 5,5 Prozent auf 420 Kilometer zugenommen.
Die Pünktlichkeit der Schnellbahnen ist heuer von über 96 auf 91,6 Prozent
gesunken. Laut Rechnungshof hat die Deutsche Bahn von 2001 bis 2005 notwendige
Reparaturarbeiten in Höhe von 1,5 Mrd. Euro verabsäumt. Heuer sind daraufhin die
Instandhaltungsmittel in Deutschland um eine halbe Milliarde Euro aufgestockt
worden. Längerfristig will die DB drei Mrd. Euro zusätzlich in ihre Anlagen
investieren.
Die ÖBB Infrastruktur Betriebs AG erhält seit ihrer Gründung mit 2005 jährlich
1,006 Mrd. Euro vom Bund und muss damit Schienenbetrieb (Signale, Stellwerke,
etc.) und die Instandhaltung finanzieren. Eine Erhöhung der Bundesmittel ist
derzeit nicht geplant. Daneben fließt auch noch das
Infrastrukturbenützungsentgelt (IBE, "Schienen-Maut") von Personen- und
Güterverkehr in die Schienenerhaltungsgesellschaft, die sie aber derzeit als
Pacht für das Schienennetz an die ÖBB-Infrastruktur Bau AG weiterleiten muss.
Schulden
Seit Jahresbeginn wird in den ÖBB auch eine
Wiederzusammenlegung von Infrastruktur Betrieb und Bau geprüft. Allerdings
kämpfen die Experten dem Vernehmen nach noch damit, dass dann die Schulden der
ÖBB Infrastruktur Bau AG von derzeit rund neun Mrd. Euro nicht der Republik
zufallen. Die EU-Maastricht-Kriterien schreiben vor, dass mehr als die Hälfte
der Produktionskosten der ausgegliederten Gesellschaft durch Verkäufe gedeckt
sein müssen, damit deren Schulden nicht dem Bund angerechnet werden.
Laut Pöchhacker geht es bei der Reform eher um "die Verbesserung von
Nahtstellen" im Konzern. "Es wird nicht wieder alles umgestürzt werden", betonte
er im APA-Gespräch. Allfällige Strukturänderungen werde es erst nach der
Bestellung der neuen Holding-Vorstände Anfang 2008 geben.
In Diskussion stand hinter den Kulissen auch eine komplette Zusammenlegung der
Straßen- und Bahnfinanzierung. In dieser Legislaturperiode wird das aber wohl
nicht mehr spruchreif werden. Früher oder später werde man zu einer
"Gesamtbetrachtung von Straße und Schiene kommen müssen", betonte Pöchhacker
zwar. Dafür brauche aber "das System insgesamt mehr Einnahmen". Derzeit würden
zahlreiche Steuern aus dem Verkehr dem Finanzminister anstatt der Bahn und
Straße zugutekommen. Die jetzige Regierung habe sich jedoch bereits dazu
bekannt, dass es zu keiner Pkw-Maut kommen werde und auch bei der Lkw-Maut seien
die Spielräume derzeit begrenzt. (APA)