ÖBB-Aufsichtsrat zu Millionenverlusten und Arbeitskonflikt
Utl.: AR-Chef Pöchhacker will Aufklärung und externe Prüfung
Wien (APA) - Der heute, Dienstag, tagende
Aufsichtsrat der ÖBB hat es in sich: Die Bahnführung hatte sich zuletzt massiver
Kritik stellen müssen, sie reichte von Unverständnis über Immobiliengeschäfte im
Umfeld von Bahnchef Martin Huber bis hin zu Rücktrittsforderungen im Zuge von
Millionenverlusten bei Spekulationsgeschäften. Zuletzt hatten Verkehrsminister
Werner Faymann (S) und Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker eine externe Prüfung
der Vorwürfe gefordert. Auch Vizekanzler Wilhelm Molterer (V) forderte
Aufklärung, während ÖVP-Verkehrssprecher Helmut Kukacka dem Bahnmanagement den
Rücken stärkte.
Der dickste Brocken heute sind die Spekulationsverluste in Höhe von rund 80 Mio.
Euro. Diese sind zwar noch nicht schlagend geworden, werden sich aber in der
Bilanz widerspiegeln. Begründet wurden die Swap-Geschäfte mit einer
"Risikostreuung", geworden ist es eine Risikosteigerung. Von einem Köpferollen
will man bei der Bahn aber trotzdem nichts wissen.
Ein weiteres Finanzthema ist die vor einem Jahr erfolgte Ablöse des Chefs der
ÖBB Infrastruktur Bau AG, Alfred Zimmermann. Der Rechtsstreit darüber dauert
noch immer an, am Ende könnte Zimmermann nach Medienberichten um rund 220.000
Euro reicher sein. Faymann und Pöchhacker forderten die Bahn jedenfalls auf,
keine Abfindungszahlungen zu tätigen, solange das arbeitsrechtliche Verfahren
läuft.
Ungemach könnte Bahnchef Huber auch der jüngste Deal des Staatskonzernes bringen
- die Übernahme des ungarischen Güterverkehrsanbieters MAV. Diese soll
Zeitungsberichten zufolge weit überteuert gekauft worden sein. Die Bahn bezahlte
demnach 400 Mio. Euro für 15.000 teils schrottreife Waggons und übernahm
gleichzeitig 5.000 Mitarbeiter mit Jobgarantie.
Und letztendlich geht es auch noch um eine Familienangelegenheit im Hause Huber.
Hubers Ehefrau hatte mit dem Steuerberater Josef Ischepp das Palais der Telekom
Austria am Schillerplatz 2006 um 5,8 Mill. Euro erworben und ein Jahr später ums
Doppelte verkauft. Zum Zeitpunkt des Kaufs saß Telekom-Vorstand Rudolf Fischer,
ein Freund der Familie Huber, noch im Aufsichtsrat der ÖBB. Fischer betont
jedoch, nie für Immobilien zuständig gewesen zu sein.
(Schluss) stf/cs
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APA0255 2007-12-11/11:55
111155 Dez 07
EuGH stärkt Gewerkschaft im Kampf gegen Jobverlagerung
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die
Rechte der Gewerkschaften beim Kampf gegen die Verlagerung von Arbeitsplätzen in
Billiglohnländer gestärkt. Zum Schutz der Arbeitnehmer dürfen Gewerkschaften für
einen Kollektivvertrag kämpfen, wenn Unternehmen Stellen aus Kostengründen in
ein anderes Land innerhalb der Europäischen Union verlagern wollen, wie es in
dem Urteil des obersten EU-Gerichts von heute hieß.
Anlass für die Entscheidung war der Fall der finnischen Reederei Viking, die
eine verlustreiche Fähre unter estnischer Flagge fahren lassen und die finnische
Besatzung durch eine estnische mit geringerer Bezahlung austauschen wollte.
Trend zur Verlagerung von Jobs
Hintergrund ist der Trend zur Verlagerung von Arbeitsplätzen in die neuen
EU-Länder, wo das Lohnniveau niedriger ist als in Westeuropa. In der kommenden
Woche urteilt der EuGH in einem ähnlichen Fall, wo eine schwedische Gewerkschaft
gegen eine lettische Baufirma vorging, die keine schwedischen Tarife einhalten
wollte.
Im Fall der Reederei wollte die in London ansässige internationale
Transportarbeiter-Gewerkschaft im Namen ihres finnischen Verbandes durchsetzen,
dass die Reederei weiterhin die finnischen Tarife einhält.
Niederlassungsfreiheit vs. Arbeitskampf
Viking klagte dagegen, weil sie dadurch ihre Niederlassungsfreiheit in der EU
eingeschränkt sah. Der EuGH bestätigte dies auch. Doch sei ein Arbeitskampf
zulässig, wenn damit ein legitimes Ziel wie der Arbeitnehmerschutz verfolgt
werde.
Das englische Gericht, das dem EuGH Fragen dazu vorlegte, muss nun prüfen, ob
die Ziele der Gewerkschaft dem Schutz der Arbeitnehmer dienen und ob die
Arbeitskampfmaßnahmen