ÖBB-Chef Huber verliert Kompetenzen
DER STANDARD
Im Tauziehen um die künftige Machtverteilung in der ÖBB zeichnet sich eine Niederlage für ÖBB-Vorstandschef Martin Huber ab - Foto
Im Tauziehen um die künftige Machtverteilung in der ÖBB zeichnet sich eine Niederlage für ÖBB-Vorstandschef Martin Huber ab. Kapitalvertreter im Aufsichtsrat halten ein Letztentscheidungsrecht, das Huber von seinen Kollegen Erich Söllinger, Gustav Poschalko und Peter Klugar zugestanden worden wäre, für nicht notwendig. Die gültige Satzung mit Vetorecht des Fachvorstands reiche aus. Nicht viel mitzureden hat Huber außerdem beim Personal - sowohl bei der Nachbesetzung von je zwei Posten in Personen- und Güterverkehr als auch bei den 43.000 Eisenbahnern.
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Während der ÖBB-Holding-Aufsichtsrat noch über den Verträgen für den Aufstieg
der ÖBB-Manager Gustav Poschalko (Rail Cargo Austria) und Peter Klugar
(ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG) auf das ÖBB-Holding-Dach brütet, wird über die
Aufgabenverteilung bereits munter gestritten. Worüber Eisenbahner bereits munter
spekulieren: Dass der stets auf Macht und Durchgriffsrecht in die operativen
Gesellschaften erpichte ÖBB-Vorstandssprecher Martin Huber Federn wird lassen
müssen. Laut Kapitalvertretern haben sich die vier zwar auf ein Konzept für die
Geschäftseinteilung festgelegt, ob selbiges dem Aufsichtsratspräsidium unter Ex-Porr-Chef
Horst Pöchhacker auch gefällt, ist derzeit aber mehr als offen.
Feilschen um DLG
Da Klugar künftig für Infrastruktur, Poschalko für den Absatz (Personen- und
Güterverkehr) zuständig sein werden, und die Finanzagenden (Recht, Controlling,
Rechnungswesen, Treasury) unverändert bei Finanzchef Erich Söllinger
ressortieren, bleiben Huber nur Konzernkommunikation, Konzernrevision und
Beteiligungsmanagement. Erbittert gefeilscht wird dem Vernehmen nach um die in
der Dienstleistungsgesellschaft DLG gebündelte Personalkompetenz für die rund
40.000 Eisenbahner. Die Elferfrage: Wird die DLG, wie im
Bundesbahnstrukturgesetz festgelegt, aufgelöst bzw. in die operativen
Gesellschaften rückintegriert – oder bleibt sie im Einflussbereich der Holding?
Gute Karten dürfte Huber dabei nicht haben, im Aufsichtsrat ist davon die Rede,
dass er die Personalkompetenz verlieren soll.
In Sachen Dirimierungsrecht
Pöchhacker will zu diesen heiklen Themen ebenso wenig sagen wie zum
Dirimierungsrecht, das Huber von seinen Vorstandskollegen zugestanden worden
wäre. "Es gibt eine Satzung, die reicht vollends", sagt Pöchhacker. Diese sieht
für Vorstandsbeschlüsse eine Dreiviertelmehrheit der Vorstandsmitglieder vor. Um
Pattsituationen zu vermeiden, hat das fachlich zuständige Vorstandsmitglied
jedoch ein Vetorecht. Einigen sich die vier nicht, wird der Aufsichtsrat mit der
Angelegenheit befasst. Nicht viel mitzureden hat Huber dem Vernehmen nach auch
bei der Postenvermehrung in Personen- und Güterverkehr AG. Da Söllinger auch
Finanzvorstand von RCA und PV und der Platz von Nahverkehrschefin Wilhelmine
Goldmann unbesetzt ist, sollte neben Fernverkehrschef Stefan Wehinger für die
kolportierten Wunschkandidaten Gabriele Lutter (Fachbereichsleiterin Netz beim
Schienenregulator) und Josef Halbmayr (ehemals Post und
Postbus) Platz sein. Bei Lutter soll neben dem Nahverkehr die gesamte
Produktion ressortieren, also auch für den Fernverkehr. (Andreas Schnauder,
Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2./3.11.2007)