ÖBB-Tochter in Turbulenzen

08.05.2007 | 20:20 | MIRIAM KOCH UND JAKOB ZIRM (Die Presse)

BAHN. Pikanter Wechsel an der Spitze der defizitären Arbeitsmedizin-Gesellschaft Wellcon.

WIEN. 110.000 Euro Verlust bei einer Gesellschaft mit rund sechs Mio. Euro Umsatz. Dem wollte die interne Revision der Bahn offenbar nicht länger zusehen und hat entsprechend Druck gemacht. Mit der Folge, dass die beiden Geschäftsführer der Bahn-Tochter Wellcon (34 Prozent gehören der ÖBB-Dienstleistungsgesellschaft, 66 Prozent der Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau, VAEB), Heinrich Knapp und Eva Polleres, ihr Amt freiwillig zurückgelegt haben.

Pikantes Detail: Polleres ist in der österreichischen Eisenbahner-Welt keine Unbekannte, ist sie doch Lebensgefährtin vom obersten Eisenbahn-Gewerkschafter Wilhelm Haberzettl. Auch Knapp, der ehemalige Obmann der VAEB, soll über die Gewerkschafts-Schiene in der Wellcon gelandet sein, was in der Vergangenheit zu Vorwürfen in Richtung Vetternwirtschaft geführt hat. Aus diesen ergaben sich auch bereits seit längerem Gerüchte, dass Wellcon in wirtschaftliche Probleme schlittern werde.

„Unternehmen ist gesund“

Polleres war seit Ende 2004 ärztliche Geschäftsführerin der Wellcon. Das Unternehmen beschäftigt sich mit Arbeitsmedizin und bietet mit mehr als 80 Medizinern Unternehmen Konzepte zur Gesundheitsprävention an. Bei den ÖBB wird betont, dass auch Wellcon selbst „gesund“ sei. Das negative Ergebnis sei ein „einmaliger Ausrutscher, weil ein paar Dinge nicht rechtzeitig beachtet worden sind“, heißt es. Da die Eigenkapitalquote hoch sei, brauche es auch keine Zuschüsse, um Wellcon wieder auf Schiene zu bringen.

Genauer wollte ÖBB-Sprecher Jörg Wollmann die Probleme nicht beschreiben. Bei der VAEB war für die „Presse“ niemand zu erreichen. Bis Jahreswechsel wird ein neuer Geschäftsführer gesucht, interimistisch übernimmt dieses Amt der Consulter Helmut Kern. Die alte Geschäftsführung wurde entlastet, Polleres bleibt weiterhin medizinische Leiterin des Unternehmens.

In der Vergangenheit war die Wiener Wellcon schon einmal in den Schlagzeilen – damals aber noch unter einer anderen Geschäftsführung: Im Jahr 2002 warf der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider dem Unternehmen vor, im Zusammenhang mit Frühpensionierungen bei Post, ÖBB und Telekom Austria eine Schlüsselrolle zu spielen. Von Wellcon wurden diese Vorwürfe scharf zurückgewiesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2007)