Will man uns provozieren?
BAWAG/PSK Empfang für BetriebsrätInnen.
Offener Brief der Unabhängigen GewerkschafterInnen an ÖGB-Präsidenten Rudolf Hundstorfer: "Katastrophal, superschlecht und superpeinlich!"
Sehr geehrter Herr Präsident!
Lieber Rudi!
Am 26. April laden also ÖGB und BAWAG/PSK Wiener BetriebsrätInnen ins Austria
Center. Der Titel: "BAWAG PSK weiterhin Bank der Arbeitnehmer und
Gewerkschaften". Du begrüßt die Anwesenden, Kollege Hundstorfer. Ein Referat
unter dem genannten Titel wird Generaldirektor Dr. Ewald Nowotny halten.
Eine Gesprächsrunde und ein Kabarett der Gruppe "HumorSapiens" soll das Programm
abrunden.
Lieber Rudi! Uns ist der Humor angesichts der Ereignisse der letzten Tage
gründlich vergangen. Wir fragen uns, was diese Veranstaltung soll - ist sie als
Provokation für politisch bewußte GewerkschafterInnen gedacht? Oder ist sie
schlicht wieder einmal ein Produkt gewerkschaftlicher Ignoranz, wie wir sie in
den letzten Monaten immer wieder erleben mussten?
Im Einladungstext heißt es: "Für Sie als Partner und Kunden wird sich auf Grund
des Eigentümerwechsels nichts ändern." Außer natürlich, frau/mann ist kubanische
StaatsbürgerIn. Du hast in einem STANDARD-Interview vom 18. April 2007 davon
gesprochen, dass die "Art und Weise, wie das umgesetzt wurde" - nämlich der
Rausschmiss der kubanischen KundInnen - "katastrophal" und "superschlecht
gemacht" war. Die Einladung zum Empfang der Wiener BetriebsrätInnen ist nicht
weniger "katastrophal" und "superschlecht", sie ist noch dazu "superpeinlich",
als ob nichts gewesen und nichts passiert wäre - business as usual.
Lieber Kollege Hundstorfer! Die BAWAG PSK hat schon zu ÖGB-Eigentümerzeiten
nicht gehalten, was sie versprochen hat: der Anspruch ein Bank der
ArbeitenehmerInnen und Gewerkschaften zu sein, hätte auch entsprechende
Geschäftspraktiken verlangt. Diese wurden nicht nur nicht eingehalten, sondern
im Gegenteil, auf "katastrophale" und "superschlechte" Weise verletzt. Mit den
bekannten Folgen - insbesondere dem Verkauf der BAWAG PSK um den ÖGB vor dem
finanziellen Ruin zu bewahren. Warum die BAWAG PSK nun mit einem neuen
Eigentümer, der mit Gewerkschaften und ihren Interessen ungefähr soviel zu tun
hat, wie die BAWAG neuerdings mit KubanerInnen, weiterhin eine Bank der
ArbeitnehmerInnen und Gewerkschaften ist, bleibt uns ein Rätsel. Unsere
Solidarität gilt selbstverständlich den MitarbeiterInnen der BAWAG PSK, die
unschuldig zum Handkuss gekommen sind und für das BAWAG-Debakel am wenigsten
können. Unsere Solidarität gilt allerdings sicher nicht einer Bank und ihrem
Spitzenmanagement, die ihre Geschäftspraktiken in scheinbar vorauseilendem
Gehorsam am "Helms-Burton-Act" orientiert, KundInnen, die nichts "verbrochen"
haben, außer die falsche StaatsbürgerInnenschaft zu haben von heute auf morgen
"verabschiedet" und damit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gegen EU-Recht
verstößt.
Wir GewerkschafterInnen müssen zur Kenntnis nehmen - und wir Unabhängigen
GewerkschafterInnen haben das längst getan: Die BAWAG PSK ist eine Bank wie jede
andere. Die "neue Ära in der Geschichte der BAWAG PSK" (aus dem Einladungstext)
hat dabei denkbar schlecht begonnen - nämlich mit dem Rausschmiss der
kubanischen KundInnen. Von ArbeitnehmerInnen und - sicher auch etlichen -
Gewerkschaftsmitgliedern. Für sie gilt das "weiterhin" offensichtlich nicht. Wir
wissen in dieser Causa jedenfalls, auf welcher Seite wir stehen.
Mit verärgerten Grüßen
Lisa Langbein, UG-Mitglied des ÖGB-Vorstandes
Markus Koza, Betriebsrat, UG-Mitglied des ÖGB-Bundesvorstandes
Klaudia Paiha, Bundessekretärin der Unabhängigen GewerkschafterInnen im ÖGB