Daten-Affäre: ÖBB schalten die Justiz ein!

Betriebsrat weiß seit 2008 Bescheid Der ÖBB-Aufsichtsrat zieht keine personellen, sondern organisatorische und juristische Konsequenzen aus der Krankendaten-Affäre. Die ÖBB holen nach der Krankenakten-Affäre zum Gegenschlag aus: Dienstagabend tagte der Aufsichtsrat des Unternehmens. Die ÖBB holen nach der Krankenakten-Affäre zum Gegenschlag aus: Dienstagabend tagte der Aufsichtsrat des Unternehmens. Konkretes Ergebnis gab es zwar keines, die Causa rund um die illegalen Aufzeichnungen von Krankendaten soll nun aber restlos aufgearbeitet werden. Die renommierte Wiener Arbeitsrechtlerin Sieglinde Gahleitner wurde damit beauftragt, der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung zu übermitteln, kündigt ÖBB-Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker im Gespräch mit ÖSTERREICH an.

Interne Prüfung. Zuvor wird eine Untersuchungskommission unter Leitung des neuen Personalchefs Emmerich Bachmayer gemeinsam mit externen, unabhängigen Datenschutzexperten die Vorfälle prüfen. "In zwei bis vier Wochen wird der Bericht fertig sein", so Pöchhacker. Weiters wird das ÖBB-interne EDV-System so geändert, dass unzulässige Aufzeichnungen technisch nicht mehr möglich sind.

Personelle Konsequenzen schloss Pöchhacker vorerst aus: "Es wäre fahrlässig darüber zu sprechen, solange nicht alle Fakten am Tisch liegen."

Betriebsrat informiert. Fest steht, dass die Causa auch dem Betriebsrat seit Mai 2008 bekannt war: "Spätestens am 26. Mai 2008 hat der Betriebsrat Bescheid gewusst", erklärt Pöchhacker. Damals sei im Aufsichtsrat eine Anfrage eines Betriebsrates behandelt worden: "Es ging um den Verdacht, dass in einigen Bereichen der Datenschutz verletzt wird. Ich habe damals den Auftrag gegeben, das zu überprüfen und abzustellen."
Den Vorwurf, dass Detektivbüros beauftragt wurden, um Kranke zu überprüfen, weist man bei den ÖBB zurück: "Wir haben nur die Ausgehzeiten überprüft, das ist juristisch gedeckt", so ÖBB-Sprecher Alfred Ruhaltinger. Die Detektivbüros wären von der Sozialversicherung beauftragt worden. (fen)

Pressemeldungen:

Interview: Niki Fellner - ÖBB-Aufsichtsratschef Pöchhacker: "Betriebsrat weiß seit 2008 Bescheid"

ÖSTERREICH: Herr Pöchhacker, in der Aufsichtsratssitzung am Dienstag soll es hitzige Debatten gegeben haben. Was hat der Aufsichtsrat konkret beschlossen? HORST PÖCHHACKER: Debatten gab und gibt es immer. Es passiert ja nicht zum ersten Mal, dass uns Sitzungsteilnehmer im Vorhinein über die Medien mitteilen, was sie gerne hätten. Wir haben beschlossen, dass die Untersuchungskommission die illegale Aufzeichnung von Krankendaten zusammen mit externen Experten prüfen wird. Es geht darum zu klären, wer was wo eingetragen hat. In zwei bis vier Wochen soll der Bericht fertig sein. Außerdem haben wir eine Arbeitsrechtlerin beauftragt, eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln. ÖSTERREICH: Wird es personelle Konsequenzen geben? PÖCHHACKER: Es wäre fahrlässig, darüber zu sprechen, solange die Fakten noch nicht auf dem Tisch liegen. ÖSTERREICH: Wann wurde der Aufsichtsrat über die Krankendaten-Affäre informiert? PÖCHHACKER: Am 26. Mai 2008 wurde im Aufsichtsrat eine Anfrage eines Betriebsrates behandelt. Es ging um den Verdacht, dass in einigen Bereichen der Datenschutz verletzt wird. Ich habe damals den Auftrag gegeben, das zu überprüfen und abzustellen. Danach kam das Thema im Aufsichtsrat nicht mehr vor. ÖSTERREICH: Das heißt, der Betriebsrat war seit 2008 über die Causa informiert? PÖCHHACKER: Spätestens seit 26. Mai 2008 wusste der Betriebsrat Bescheid. Diese Krankenstandsverfolgung ist ja in Abstimmung mit dem Betriebsrat erfolgt. Das, was passiert ist, hätte Grund genug sein sollen, dass der Betriebsrat das in die Gremien bringt. ÖSTERREICH: Wie verfährt die ÖBB künftig mit den hohen Krankenständen? PÖCHHACKER: Das ganze Verfahren ist nicht in Frage zu stellen. In Frage zu stellen ist jener Bereich, wo Vorgesetzte Kranke interviewt haben und das im Personalakt vermerkt haben. Das Bestreben, die Krankenstände zu senken, geht natürlich weiter.

Quelle: "Österreich" vom 24.9.2009 Seite

Wirtschafts-Insider - Was wusste der ÖBB-Betriebsrat wirklich?

Dass die ÖBB jetzt eine Untersuchungskommission mit externen Datenschutzexperten einsetzen, um die Vorfälle zu klären, ist völlig richtig. Denn nur außenstehende, unabhängige Experten können wirklich glaubhaft klären, was in der Krankenstands-Affäre konkret vorgefallen ist - und vor allem, wer dafür die Verantwortung trägt. Auch die Rolle des Betriebsrats muss ordentlich aufgearbeitet werden.

Dass der Ober-Gewerkschafter Wilhelm Haberzettl jetzt so tut, als hätte er von der ganzen Causa nichts gewusst, ist lachhaft. Anscheinend war der Betriebsrat seit Mai 2008 informiert. Sich jetzt als "weißer Ritter" aufzuspielen, ist eine Frechheit.

Kleine Zeitung" vom 24.09.2009 - "Das war doch ein politischer Auftrag"

ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker spielt den Ball in der Affäre um Krankenakten auch der schwarz-blauen Regierung zu. Die Bahn wird von einer Affäre um Krankenakten erschüttert. Ist das System krank?
HORST PÖCHHACKER: Natürlich nicht. Die Datenschutzaffäre zu benutzen, um die ganze ÖBB zu verdammen, hieße, einen unangenehmen Husten mit einer Lungenentzündung gleichzusetzen. Da wird einiges unproportional hochgespielt. Niemand wurde bespitzelt, niemand drangsaliert.
Kleine Zeitung(KZ): Aber man wollte mit unsauberen Methoden Mitarbeiter "wegsortieren".
PÖCHHACKER: Jene, die das System missbraucht haben. Tatsache ist, dass dabei offensichtlich Datenschutzrecht verletzt wurde. Das wurde abgestellt, oder man ist dabei, es abzustellen.
KZ: Ist die Affäre ein Symptom für das Grundproblem, überzählige Mitarbeiter nicht einfach nach Hause schicken zu können?
PÖCHHACKER: Es ist eine Tatsache, dass die Bahn viele unkündbare Beamte hat.
KZ: Ihr Vorgänger als Aufsichtsratschef hatte das Dienstrecht als ein Kernproblem identifiziert. Sollte man das Thema wieder angehen?
PÖCHHACKER:: Das ist ein hochpolitisches, sicher ganz heikles, aber nicht mein Thema. Das Management selbst kann jedenfalls ganz wenig in dieser Frage tun.
KZ: Zurück zur Kranken-Daten-Affäre: Heiligte deshalb der Zweck alle Mittel?
PÖCHHACKER: In diesem unlösbaren Konflikt Dienstrecht und System-Missbrauch war sicher die Gefahr gegeben, dass jemand im Übereifer etwas übersehen hat.
KZ: Wer? Ex-Personalchef Franz Nigl? Sie haben sogar die Vermutung angestellt, dass aufgrund seiner Bewerbung für den Bahnbereich Traktion das Thema hochgekocht ist.
PÖCHHACKER: Das ist offensichtlich eine Kampagne. Journalisten wurden vor der Aufsichtsratssitzung flächendeckend mit Unterlagen versorgt.
KZ: Warum geben Sie Nigl genauso wie ÖBB-Chef Peter Klugar Rückendeckung?
PÖCHHACKER: Sicher kann es keine Vorverurteilungen geben, schon gar nicht in Form von Köpferollen. Klugar ist ein absoluter Fachmann. Ein eklatanter Fehler der Vergangenheit war, dass es eine Zeit lang im Holding-Vorstand keinen Bahn-Fachmann mehr gab. Übrigens ein Analogon zur AUA. Zu Franz Nigl: Er hat sich beworben, die Gremien haben noch nicht getagt. Wie, wer, was genau gemacht hat, wird ohne Vertuschung geklärt. Die Staatsanwaltschaft ist eingeschaltet. In der Frage der Verantwortung wird man die Kette nach oben gehen müssen. Es steckte ja ein politischer Auftrag dahinter. Linie war, Leute loszuwerden und die Gewerkschaft zu schwächen.
KZ: Höhere Gewalt sozusagen?
PÖCHHACKER: Bis ins Ministerium wird man die Sache nicht zurückverfolgen. Als die Angelegenheit Ende Mai 2008 im Aufsichtsrat Thema war, hat das übrigens niemand dramatisiert. Danach gab es x Sitzungen, in denen es nie mehr auf die Tagesordnung kam. Die Kapitalvertreter, sofern sie dieses Momentum überhaupt wahrgenommen haben, durften davon ausgehen, dass die Angelegenheit erledigt ist.
KZ: Die verschiedenen Bahn-Manager kommen und gehen, bekommen beim Abschied noch einen Waggon voll Geld. Die einzige personelle Konstante bei den ÖBB scheint Gewerkschafts-Boss Wilhelm Haberzettl zu sein. Ist das nicht bedenklich?
PÖCHHACKER: Der frühere Justizminister Böhmdorfer, der eine Zeit lang im Aufsichtsrat war, hat einmal gesagt, der Haberzettl sollte Vorstand werden. Da wäre er sehr gut. Aber Haberzettl hat halt viele Hüte auf. Er changiert zwischen den Rollen Politiker, Aufsichtsrat, Betriebsrat und Gewerkschaftsvorsitzender.
KZ: Experten gehen davon aus, dass die Bahn einen Mitarbeiter-Überhang von rund 20 Prozent hat, also aus Gründen der Rentabilität eigentlich jeder fünfte Mitarbeiter nach Hause geschickt werden müsste. Stimmt das?
PÖCHHACKER: Das stimmt zum Teil natürlich, weil viele der 2005 geschaffenen Strukturen schlicht falsch waren. Mit den neuen Strukturen werden wir ein paar Jahre lang den natürlichen Abgang nicht nachbesetzen müssen.
KZ: Was heißt das in Zahlen?
PÖCHHACKER: Die Bahn ist überaltert. Es gibt ein Potenzial von 2000 Mitarbeitern jährlich, die ausscheiden könnten. Da hätten wir in fünf bis sechs Jahren ein paar Tausend weniger.
KZ: Würde das wieder über Frühpensionierungen laufen? Man klagt über Sehschwäche und der Arzt schreibt einen pensionsreif?
PÖCHHACKER: In der Ära Huber wurden zwischen 2004 und 2006 rund 6000 ÖBBler pensioniert, wo man jetzt peinlich schaut, ob alles rechtens war.
KZ: Was soll man denn mit diesem Rucksack tun? ÖBBler zu Polizisten machen?
PÖCHHACKER: Das wäre eine Möglichkeit. Besser als Menschen in Beamtenagenturen zu stecken.
KZ: Die Bahnschulden explodieren. Wo soll das hinführen?
PÖCHHACKER: Die Debatte über die ÖBB als Fass ohne Boden ist politisch motivierter Blödsinn. Die Schulden, von denen da die Rede ist, sind langfristige Investitionen, die die Bahn braucht. Das ist ökologisch sinnvoll und wird in Zukunft durch ordnungspolitische Maßnahmen stärker betont werden müssen.
KZ: Durch eine echte Pkw-Maut?
PÖCHHACKER: Aufgrund der Klimaveränderung könnte es in diese Richtung gehen. Im Moment gibt es da aber noch alte Reflexe.

INTERVIEW: CLAUDIA HAASE

ZITAT: "Bahnbedienstete in Zukunft zu Polizisten auszubilden, wäre eine Möglichkeit, Personal abzubauen. Jedenfalls besser, als Menschen in Beamtenagenturen zu stecken."

ZITAT: "Die Debatte über die Schulden der ÖBB als Fass ohne Boden ist rein politisch motivierter Blödsinn. Diese Schulden sind langfristige Investitionen, die die Bahn braucht."

Wirtschaftsblatt - Mit ÖBB hat Koalition neuen alten Zankapfel

Die Turbulenzen in der ÖBB um die Krankendaten-Affäre wird immer mehr zu einer Belastung für das Koalitionsklima: Die ÖVP schießt sich nun auf SP-Infrastrukturministerin Doris Bures ein.

VP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier macht als Konsequenz auf die mageren Ergebnisse der Aufsichtsratssitzung der ÖBB-Holding Druck, dass bei der Bahn aufgeräumt wird.

Die Missstände bei den Krankenständen habe der Rechnungshof schon 2004 kritisiert; eine Handhabe für das Management habe es aber nicht gegeben, sagt Maier. Er hält den "bisherigen Aufklärungswillen" von Bures in der Causa für "halbherzig". Bures müsse endlich aktiv werden und "die größte Baustelle Österreichs, in die jährlich 6,8 Milliarden € Steuermittel fließen, in den Griff bekommen".

Vorwurf der Lüge

Ein Dorn im Auge ist Maier Betriebsratschef Wilhem Haberzettl, dem er "Pflichtverletzung" vorwirft, weil der aus strategischen Überlegungen "Interna an die Öffentlichkeit getragen" habe. Haberzettl habe über seine Verbindungen in die Eisenbahner-Versicherung "alles gewusst, aber lange nichts gesagt", so Maier. Haberzettl wiederum wirft der ÖVP "Lüge" vor: ÖBB-Verschuldung und Krankenstandsvergleiche mit ASVG-Bediensteten seien falsch dargestellt. Der ÖBB-Aufsichtsrat beschloss übrigens, wie vom WirtschaftsBlatt angekündigt, die Einschaltung der Staatsanwaltschaft in der Daten-Affäre.

"Der Standard" - ÖBB: Experten bezweifeln Aufklärungswillen

Der Aufsichtsrat der Bahn will die Staatsanwaltschaft einschalten und gelobt, Licht in die Affäre um illegal gesammelte Krankheitsdaten zu bringen. Experten sprechen von einem Ablenkungsmanöver.

Wien - Die ÖBB kommt nicht zur Ruhe. Wer sich ein großes Reinemachen bei der am Dienstag abgehaltenen Aufsichtsratssitzung erwartet hatte, wurde enttäuscht. Das Aufsichtsorgan der ÖBB-Holding hat sich lediglich darauf verständigt, in der Causa "Krankendaten-Speicherung" eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft zu schicken. Zudem soll ein externen Datenschutzexperte Licht in die Sache bringen - der Standard berichtete. Nun hegen aber Rechtsexperten Zweifel, ob es der ÖBB wirklich an Aufklärung gelegen ist.

"Das ganze sieht nach einem Ablenkungsmanöver aus," sagte ein mit der Sache Vertrauter im Gespräch mit dem Standard. Die illegale Sammlung und Speicherung von Krankendaten tausender ÖBB-Bediensteter sei "kein strafrechtlich relevantes Delikt", die Staatsanwaltschaft sei somit die falsche, weil nicht zuständige Adresse, um die Sache aufzuklären. Selbst ÖBB-Personalchef Emmerich Bachmayer hatte am Freitag gesagt, er sehe im Zusammenhang mit den illegal erhobenen Krankendaten "kein strafrechtlich relevantes Delikt.

Die Frage, wer bereits seit der ominösen Aufsichtsratssitzung im Mai 2008 über die Dokumentation von Diagnose-Daten informiert war, beschäftigt weiter die Öffentlichkeit. Für Spekulationen sorgte am Mittwoch der Umstand, dass der Generalsekretär des Verkehrsministeriums, Herbert Kasser, im Kontrollgremium der ÖBB sitzt.

Der damalige Verkehrsminister, Bundeskanzler Werner Faymann, bekräftigte allerdings, dass er von seinem Beamten nicht informiert worden sei. Auch seine Nachfolgerin im Ressort, Doris Bures, beteuert, nichts von dem Skandal gewusst zu haben. Personelle Konsequenzen ist der Aufsichtsrat am Dienstag ebenso schuldig geblieben wie Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten. Verschoben wurde sowohl die seit einem Jahr überfällige Bestellung eines neuen Finanzvorstands für die Personenverkehr AG - der Posten wird seit dem Wechsel von Josef Halbmayr in die ÖBB Holding von diesem in Personalunion gemanagt - als auch von Führungspersonal für das Shared Service Center.

Unklar ist zudem, wie viele Strecken die Bahn stilllegen will. Aufsichtsratschef Pöchhacker bestritt lediglich, dass es in Summe 1600 Kilometer sein werden. Klar sei, dass sich der Vorstand angesichts der Nachfrageeinbrüche bei der bahn mit der "Wirtschaftlichkeit sowohl von Strecken als auch von Knotenpunkten" beschäftigen müsse. Die SPÖ hat am Mittwoch sicherheitshalber deponiert, dass es mit der Kanzlerpartei kein Streichungsprogramm geben werde. Es seien aber auch die Bundesländer gefragt, bei der Finanzierung von defizitären Nebenbahnen mit zu zahlen.

Offen blieb bei der Aufsichtsratssitzung auch, welche Konsequenzen die 620 Mio. Euro-Spekulationsverluste der Bahn nach sich ziehen werden. Last, but not least ist weiterhin unklar, was die Staatsbahn mit ihren angeblich überzähligen Mitarbeitern macht.

Behauptungen von ÖVP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier, wonach die Bahn 2003 unter der damaligen VP/FP-Regierung praktisch schuldenfrei gewesen seien, konterte SP-Gewerkschafter Wilhelm Haberzettl mit der Feststellung: "Das ist eine ÖVP-Lüge." (APA, ung, stro, as)

"Neues Volksblatt" - Krankendaten-Affäre: ÖBB schalten Staatsanwaltschaft ein

ÖVP und Eisenbahnergewerkschaft liefern sich SchlagabtauschWeiterhin Rätselraten um mögliche Streckenstilllegungen

Die ÖBB kommen auch nach der Aufsichtsratssitzung vom Dienstag nicht zur Ruhe. Das Aufsichtsorgan einigte sich lediglich in der Causa „Krankendaten-Speicherung“ auf eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft und die Beauftragung von externen Datenschutzexperten. Ein externer Anwalt solle sich darum kümmern, „damit nicht Vorwürfe wie Vertuschung oder andere Dinge im Raum stehen bleiben“, sagte Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker. Personelle Konsequenzen für ÖBB-Chef Peter Klugar und Betriebsratsobmann Wilhelm Haberzettl hat es nicht gegeben, obwohl beiden großflächige Datenspeicherungen seit Mai 2008 bekannt waren.

Keine konkreten Pläne für Streckenkürzungen

Pöchhacker dementiert auch Berichte, wonach in nächster Zeit mit der Streichung von 1600 Kilometern Bahnstrecken zu rechnen sei. Es sei selbstverständlich, dass sich angesichts der Nachfrageeinbrüche der Vorstand mit der „Wirtschaftlichkeit sowohl von Strecken als auch von Knotenpunkten“ beschäftigen müsse. Was aber in den Medien gestanden sei, „ist so weder beschlossen noch wird es so stattfinden“. Es gebe keine konkreten Pläne für Streckenkürzungen, sagte der ÖBB-Aufsichtsratschef. Die SPÖ deponierte gestern, dass es mit ihr kein Streichungsprogramm geben werde.

Einen heftigen Schlagabtausch lieferten sich VP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier und Gewerkschaftsboss Haberzettl. Letzter bezeichnete die Aussage Maiers, wonach die Bahn 2003 unter der VP/FP-Regierung praktisch schuldenfrei gewesen sei, als Lüge. Maier wies dies zurück und sagte, „dass die Eisenbahnergewerkschaft die Hauptverantwortung für das desaströse Bild der ÖBB trägt.“

OTS - Beobachtung und Kontrolle der Treue von Arbeitnehmern

Utl.: Unangebrachte Pauschalverurteilung der Detektive und deren Klienten im Zusammenhang mit der ÖBB-Berichterstattung

Wien (OTS) - Der Europäische Detektiv-Verband (EURODET) mit Sitz in Wien stellt klar: Berufsdetektive sind im Rahmen einer demokratisch orientierten Gesellschaftsordnung ein Instrument der Wahrung der Rechte von Individuen, von natürlichen oder juristischen Personen (Unternehmen).

Die "Beobachtung und Kontrolle der Treue von Arbeitnehmern" ist eine bundesgesetzlich vorgesehene und fest verankerte Maßnahme zu deren Durchführung Berufsdetektive gem. § 129 Abs 1 Z 5 GewO 1994 i.d.g.F. befugt sind.

Im Einzelnen geht es darum, Unternehmen und Krankenversicherungsträger vor Verlusten durch ungerechtfertigte und somit illegal in Anspruch genommene Krankenstände durch gesetzlich festgelegte und moralisch vertretbare Maßnahmen zu bewahren. Der heute bereits überstrapazierte Terminus "Bespitzeln" ist in diesem Zusammenhang unangebracht.

"Jedes Unternehmen - egal welcher Größenordnung - das für Löhne und Krankenversicherungsabgaben seiner Dienstnehmer aufkommt, hat im Gegenzug auch einen Anspruch darauf, dass seine Angestellten arbeiten und nicht etwa im Scheinkrankenstand für Konkurrenzunternehmen pfuschen", so Ing. Peter Pokorny, Rechtsreferent des Europäischen Detektiv-Verbandes (EURODET).

"Bei Vorliegen einer entsprechender Verdachtslage ein staatlich befugtes Detektivunternehmen zu konsultieren um illegale Krankenstände aufzudecken und Beweise für allfällige arbeitsgerichtliche Prozesse zu sichern ist eine ganz normale und übliche Vorgehensweise, welche durch die Gewerbeordnung, das Datenschutzgesetz, das Angestelltengesetz etc. gedeckt ist - und auch im Interesse der Mehrzahl der Mitarbeiter ist, die korrekt ihrer Arbeit nachgehen."

APA - ÖBB-Krankendaten - Detektive wehren sich gegen "Pauschalverurteilung"

Utl.: "Beobachtung und Kontrolle der Treue von Arbeitnehmern" gesetzlich vorgesehen

Wien (APA) - Die Detektive wehren sich gegen eine ihrer Ansicht nach "Pauschalverurteilung" ihrer Arbeit im Rahmen der Debatte um die Aufzeichnung von Krankendaten in den ÖBB. Der Europäische Detektiv-Verband (EURODET) mit Sitz in Wien verweist am Donnerstag in einer Aussendung darauf, dass die "Beobachtung und Kontrolle der Treue von Arbeitnehmern" gesetzlich vorgesehen sei. Berufsdetektive seien zur Durchführung berechtigt.

Damit sollten Unternehmen und Krankenversicherungsträger vor Verlusten durch "ungerechtfertigte und somit illegal in Anspruch genommene Krankenstände" bewahrt werden. Es gehe nicht um "Bespitzeln". Vielmehr seien ist in diesem Zusammenhang unangebracht, vielmehr gehe es um "gesetzlich festgelegte und moralisch vertretbare Maßnahmen ". Unternehmen hätten ein Recht darauf, dass seine Angestellten "nicht etwa im Scheinkrankenstand für Konkurrenzunternehmen pfuschen", so Peter Pokorny, Rechtsreferent des EURODET, in der Aussendung.

Es sei die Aufgabe der Detektive, "bei Vorliegen einer entsprechenden Verdachtslage" illegale Krankenstände aufzudecken und Beweise für allfällige arbeitsgerichtliche Prozesse zu sichern. Ihre Arbeit sei unter anderem durch die Gewerbeordnung, das Datenschutzgesetz und das Angestelltengesetz gedeckt.
(Schluss) tsk/sp

APA - ÖBB-Krankendaten - SPÖ fordert betrieblichen Datenschutzbeauftragten

Utl.: Maier: "Arbeitnehmer kein Freiwild", möglicherweise neue Missbrauchs-Fälle - Haberzettl: Krankenstandstage der ÖBB mit ASVG-Angestellten nicht vergleichbar

Wien (APA) - Die Affäre um die Krankendaten von ÖBB-Beschäftigten hat die SPÖ zum Anlass genommen, um mehr Datenschutz für Arbeitnehmer zu fordern. "Arbeitnehmer dürfen kein Freiwild sein", sagte Johann Maier, SPÖ-Abgeordneter und stellvertretender Vorsitzender des Datenschutzrats heute Donnerstag bei einer gemeinsamem Pressekonferenz mit SPÖ-Abgeordneten und ÖBB-Konzernbetriebsratschef Wilhelm Haberzettl. Beide fordern die verpflichtende Einrichtung von betrieblichen Datenschutzbeauftragten für Unternehmen ab 50 Beschäftigten. Dieser sollte mithelfen, Privatsphäre und Menschenwürde von Arbeitnehmern zu sichern.

Der Skandal um die Speicherung und Verwendung von Krankendaten bei den ÖBB könnte kein Einzelfall bleiben. In den vergangenen Tagen habe er neue Informationen halten, wobei es um mutmaßlichen Missbrauch von Gesundheitsdaten von Arbeitnehmern gehe, berichtete Maier. Mehrere Arbeitnehmer und Betriebsräte hätten sich diesbezüglich an ihn gewandt. So soll es Probleme bei Amtsärzten geben bzw. mit möglicher Weitergabe von Daten an Dienstgeber. Im Handel würden "Krankenstands-Rückkehrgespräche" mit Mitarbeiterinnen geführt mit genauer Datenerfassung, betroffene Unternehmen nannte er aber nicht. Die Erhebung von Diagnosen durch den Dienstgeber sei jedenfalls absolut abzulehnen, hier gehe es um sehr persönliche Lebensbereiche.

Der Missbrauch mit Arbeitnehmerdaten steige, die Bespitzelung müsse verhindert werden: Österreich brauche dringend ein Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz oder eine Konkretisierung der Datenschutzvorschriften im Arbeitsverfassungsgesetz bzw. im Datenschutzgesetz, forderte Maier. Immerhin seien für die geplante Datenschutz-Novelle bereits Verbesserungen vereinbart, etwa dass die Strafbestimmungen (§ 51 DSG) vom Privatanklage- zum Offizialdelikt werden. Bisher musste der betroffene Arbeitnehmer klagen, künftig obliege die Verfolgung der Staatsanwaltschaft. Die SPÖ-Forderung nach Datenschutzbeauftragten werde zwar von der Wirtschaftskammer bisher abgelehnt, zahlreiche Betriebe hätten sich jedoch dafür ausgesprochen - darunter auch die ÖBB. Die SPÖ hoffe jedenfalls auf die Zustimmung der ÖVP.

Der stellvertretende vida-Vorsitzende und ÖBB-Konzernbetriebsratsvorsitzende Haberzettl wetterte mit drastischen Worten gegen die Erfassung von Diagnosen durch die ÖBB: Eine zweistellige Tausender-Zahl von Beschäftigten sei betroffen, ihre Krankendaten waren "bei Bedarf einsehbar" und hätten auch nach Jahren noch herausgeholt werde können. "Dann könnten 27 Sekretärinnen sehen, dass ein Mann vielleicht ein spezifisches Männerproblem hat", nannte er als Beispiel. Auch schwere Krankheiten wie Krebs oder Aids, wo eine völlige Genesung manchmal nicht möglich sei, wären gespeichert gewesen.

Haberzettl warnte auch, dass durch die Rechtfertigungen von ÖBB-Seite für die Krankendaten-Speicherung nun ein ganzer Berufsstand als "Tachinierer" verunglimpft werde, indem die angeblich so hohen Krankenstandstage angeprangert wurden. Tatsächlich würden aber bei den ÖBB - wegen des Schichtbetriebs - die Krankenstandstage anders berechnet als im ASVG, es seien also "Äpfel mit Birnen" verglichen worden. Weiters sei der Krankenstand bei den ÖBB auch durch eine "Warteschlange" bei Pensionierungskrankenständen durch geänderte Zuständigkeiten erhöht worden. Fiebrige Verschieber, Fahrdienstleiter und Lokführer, die trotz Erkrankung Dienst machten wären auch in niemandes Interesse.
(Forts. mögl.) gru/tsk