Geisterzüge im ÖBB-Fernverkehr
"RailJets" sollen mit nur einem einzigen Zugbegleiter fahren, Nachtzüge ganz ohne ÖBB-Personal. Die Schaffner rebellieren.
Die e-express-Mitarbeiter – eigentlich auf Speisen und Getränke trainiert –
werden Aufgaben des Schaffners übernehmen. Die ÖBB sparen - nun auch an ihrem
neuesten Paradezug. Der "RailJet", in dessen Konzept ein umfassendes
Am-Platz-Service eine tragende Rolle spielt, wird bald mit sehr viel weniger
Personal unterwegs sein als heute: Nur noch ein "echter" Eisenbahner soll sich
ab August um die sieben RailJet-Waggons kümmern, er wird sich die Arbeit mit dem
Team der Speisewagen-Gesellschaft e-express teilen. "Ab 01.08.2009 wird jede
railjet-Garnitur nur noch mit einem Mitarbeiter (Zugchef) seitens Bordservice
besetzt", heißt es in einem Schreiben, das die ÖBB-Personenverkehrschefs
Gabriele Lutter und Werner Kovarik Ende Juni an alle Bordservice-Mitarbeiter
gerichtet haben. Und weiter: "Die Serviceagenden werden federführend von
e-express übernommen."
Die werden sich über die Mehrarbeit allerdings kaum freuen - denn
"selbstverständlich werden parallel dazu auch Einsparungsmaßnahmen beim externen
Personal durchgeführt", schreiben die Vorstände. So sollen etwa zwischen Wien
und Budapest nur noch zwei (statt drei) e-express-Mitarbeiter mitfahren - in
Summe drei Bedienstete in einem Zug mit 408 Sitzplätzen.
Noch schlimmer trifft es den - notorisch defizitären - Nachtzug-Verkehr: Er wird
bald ganz ohne ÖBB-Mitarbeiter auskommen müssen. "Weiters übernehmen
ausgebildete Wagon-Lits-Zugbegleiter ab 01.08.2009 die Zugchefaufgaben in
ausgewählten von Wagon-Lits betreuten Nachtzügen", heißt es in dem Schreiben.
Mit anderen Worten: Der Schlafwagenschaffner wird nicht nur Bett und Frühstück
machen, sondern zugleich für sicherheitsrelevante, bahnbetriebliche Aufgaben
verantwortlich sein. Die Wagon-Lits-Mitarbeiter haben dafür bereits eine
mehrmonatige Schulung absolviert.
Lange geplant
"Diese Reduktionen waren seit langem so geplant", sagt ÖBB-Sprecher Thomas
Berger. Man habe bewusst bei der Einführung des RailJet "zu viel" Personal
vorgesehen, um ein gutes Service garantieren zu können; das werde nun wieder
zurückgefahren.
In dem Schreiben der ÖBB-Chefs klingt das anders. "Die Auswirkungen der
Wirtschaftskrise und die Liberalisierung des Schienenverkehrs haben die
Personenverkehrs AG zur kritischen Prüfung der angebotenen Leistungen in allen
Bereichen gezwungen", heißt es, es gehe um "die wirtschaftliche Stabilität des
Unternehmens".
Der Widerstand der ÖBB-Belegschaft ist dennoch beträchtlich, berichtet ein mit
dem Projekt Vertrauter; die Schaffner fürchten die neue, billigere Konkurrenz.
"Da brennt es", sagt er, "wir wissen nicht, ob wir das bis 1. August
hinbekommen."
"Das ist normal", sagt ÖBB-Sprecher Berger, "wo sich Berufsbilder ändern, gibt
es Meinungsäußerungen."