"Möchte keine AUA auf Schienen"
Wilhelm Haberzettl geißelt Joint Venture mit Deutscher Bahn - Prozess gegen ehemaligen ÖBB-Chef Martin Huber wurde vertagt
Wien - Nach der Ankündigung von
ÖBB-Holding-Chef Peter Klugar, hundert Millionen Euro einsparen zu wollen,
herrscht dicke Luft in der ÖBB. "Wenn Klugar das Ergebnis im Personen- und
Güterverkehr wegbricht, dann muss er seine Manager endlich Klarschiff machen.
Die Eisenbahner werden sicher nicht büßen dafür, dass hochbezahlte Manager ihre
Arbeit nicht machen" , stellt Eisenbahnergewerkschaftschef Wilhelm Haberzettl
die Rute ins Fenster.
"Wir verhandeln über mehr Flexibiliät der Beschäftigten innerhalb der
ÖBB-Konzerngesellschaften, um Arbeitsplätze zu sichern. Aber sicher nicht über
Stellenstreichungen in einer Zeit, in der so viel in die Bahn investiert wird,
wie nie." Das Unternehmen habe bis dato nicht einmal Zahlen vorgelegt, wo wie
viele Mitarbeiter zu viel oder zu wenig seien.
Sehr kritisch sieht der ÖBB-Betriebsratschef auch das Joint-Venture Railselect
von Rail Cargo Austria (RCA) und
Deutsche-Bahn-Gütertochter DB-Schenker, das der Aufsichtsrat heute,
Dienstag, beschließen soll. Ihn stört, "dass die ÖBB in die gemeinsame
Produktionsgesellschaft unverhältnismäßig viel guten Verkehr einbringt und das
auf Strecken, auf denen die Deutsche Bahn gar keinen Markt hat." Diese
Kooperation werde zulasten der ÖBB gehen, weil die ihre Lokomotiven und
Lokführer, beides Mangelware, einbringen müsse, fürchtet Haberzettl. "Ich bin
nicht grundsätzlich gegen eine Kooperation, aber es darf keine sein, bei der wir
uns marktmäßig einem übermächtigen Partner ausliefern. Wohin das führt, sehen
wir ja bei der AUA. Ich möchte aber keine AUA auf Schienen erleben." Eine
effizientere Auslastung der Züge wäre nach Ansicht Haberzettls auch ohne
Produktionsgesellschaft möglich.
Alternativen seien von RCA und ÖBB-Holding aber nie ernsthaft geprüft worden.
Den Grund dafür ortet er in einem Memorandum of Understanding mit der Deutschen
Bahn (DB), das Ex-ÖBB-Chef Martin Huber 2006 fixiert habe und das eine sehr
weitreichende Kooperation in ÖBB-Güter- und Personenverkehr vorsieht. "Erster
Schritt dieser Kooperation, die eine totale Verheiratung mit der DB vorsieht,
ist Railselect" , warnt Haberzettl.
Vorerst vom Tisch ist laut Standard-Recherchen die Bestellung von DB-Mann
Andreas Moschinsky-Wald als Personenverkehr-Finanzchef. Man wolle noch weitere
Hearings machen, heißt es.
Frau Rat rät zu Vergleich
Mit dem klaren Auftrag, die Streitparteien mögen einen Vergleich ausverhandeln,
hat Richterin Elfriede Dworak die erste Tagsatzung im Verfahren
Immobilienmanagement Consulting und Martin Huber gegen die ÖBB-Holding am Montag
vertagt. Gelingt es nicht, geht der Streit um 836.000 Euro Konsulentenhonorar am
25. Mai mit Ex-ÖBB-Finanzchef Erich Söllinger als Zeuge weiter. (Luise
Ungerboeck/DER STANDARD, Printausgabe, 3.3.2009)