ÖBB-Briefe nach Hause
Bei der Krankenakten-Affäre der Bahn werden bizarre Details publik - Die Bahn kommt nach dem Skandal um illegale Krankendaten nicht zur Ruhe.
Handbuch regte die Kontaktaufnahme mit Ehepartnern von ÖBB-Mitarbeitern an.
Bahn: "War nur eine Art Rohversion."
Wien. Bei der Affäre um illegale Krankenakten bei der Staatsbahn (die "Wiener
Zeitung" berichtete) werden immer skurrilere Einzelheiten bekannt.
In einem Handbuch der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), das der "Wiener
Zeitung" vorliegt, wird vorgeschlagen, die jeweiligen Ehe- oder Lebenspartner
von – bei Absenzen auffälligen – ÖBB-Mitarbeitern zu einem Gespräch mit den
Bahn-Vorgesetzten einzuladen. In dem Papier geht es unter anderem auch um die
bereits berichteten Krankenstandsrückkehrgespräche, die seit vergangener Woche
für öffentliches Aufsehen sorgen.
Unter dem Kapitel "Einladung des Partners" heißt es zu Beschäftigten, die lange
Fehlzeiten aufweisen: "Die Erfahrung zeigt, dass Führungskräfte und Kollegen im
Umgang mit solchen Mitarbeitern vieles an Hilfestellung im beruflichen Alltag
leisten, ihnen aber oftmals sehr enge Grenzen gesetzt sind." In diesen
Spezialfällen könnten die "Partner der betroffenen Mitarbeiter" entscheidend
beitragen, "gemeinsame Problembewältigungsstrategien" zu entwickeln. Auch der
Entwurf eines Briefes an die jeweiligen Ehepartner und Lebensgefährten ist
enthalten: "Wie Sie wissen, befindet sich Ihr Partner schon seit längerem in
einer für ihn schwierigen Situation." Das Musterschreiben endet mit einem
Terminvorschlag zu einem Treffen sowie der Aufforderung, der Partner solle die
ÖBB-Führungskraft anrufen.
"Reicht in Privatsphäre"
Für den Arbeitsrechtsexperten Martin Binder von der Universität Innsbruck ist
bei einer Kontaktaufnahme des Arbeitgebers mit dem Ehepartner oder
Lebensgefährten jedenfalls eine entscheidende Schwelle überschritten. "Das
reicht in die Privatsphäre hinein und geht damit zu weit", sagt er im Gespräch
mit der "Wiener Zeitung".
Bei den ÖBB ist man um Beruhigung bemüht. "Es war nur eine Art Rohversion. Das
Papier war für den internen Gebrauch bestimmt und sollte Möglichkeiten
aufzeigen", erklärt ein Bahn-Sprecher. "Das Papier wurde nie beschlossen und nie
umgesetzt."
Quelle: Wiener Zeitung
Von Franz Steinbauer