ÖBB-Krankendaten - Pöchhacker gegen "Vorverurteilung" Klugars

AR-Chef: Erst Verantwortung klären, dann Konsequenzen - Attacke auf Haberzettl

Wien (APA) - Der am Dienstag tagende Aufsichtsrat der ÖBB-Holding wird in Sachen Datenaffäre keinen Schnellschuss abgeben und erst die Untersuchung der Verantwortlichkeiten abwarten, ehe allenfalls personelle Konsequenzen gezogen werden. Dies sagte Horst Pöchhacker, der dem Kontrollgremium vorsteht, am Samstag im "Journal zu Gast". Pöchhacker will darauf bestehen, dass das Management "mit legalen Mitteln" verhindert, dass die Krankenstandstage wieder steigen. Er warf ÖBB-Betriebsratschef Wilhelm Haberzettl vor, die Angelegenheit aus personaltaktischen Gründen an die Öffentlichkeit gespielt zu haben.

Dem Aufsichtsrat werde die volle Sachlage am kommenden Dienstag nicht vorliegen, daher könnten in der Causa vorerst auch keine Entscheidungen getroffen werden, sagte Pöchhacker: "Sich einzelne herauszupicken und zu sagen, der ist schon vorverurteilt, das wird nicht passieren", antwortete Pöchhacker indirekt auf die Frage, ob ÖBB-Chef Peter Klugar gehen solle.
Nach dem Abgang von Martin Huber habe man nach einem Fachmann gerufen und "Klugar ist ein exzellenter Fachmann", erinnerte er.

Mit den "diagnoseähnlichen Vermerken" auf den Personalbögen seien "Fehler begangen" und Recht gebrochen worden - die ÖBB hätten aber ein Problem mit den weit hohen Krankenständen gehabt, erinnerte der frühere Porr-Chef. Ein Drittel der ÖBBler seien praktisch nie krank gewesen, ein weiteres Drittel sei im ASVG-Durchschnitt gelegen, nur ein weiteres Drittel sei "30, 40, 50, bis zu 60 Tage krank gewesen". Es sei zu vermuten, dass mit Krankenständen Missbrauch betrieben worden sei, ein Missbrauch, den das Management mit "untauglichen Mitteln abstellen wollte".

Inzwischen ist der durchschnittliche Krankenstand von 27 auf 17 Tage pro Jahr gesunken. Der Aufsichtsrat erwarte vom Management, dass dieser Erfolg nicht gefährdet werde, das Management müsse aber "mit rechtskonformen Mitteln" vorgehen, sagte Pöchhacker. Die Datenaffären bei Lidl Deutschland und der Deutschen Bahn seien mit der ÖBB nicht vergleichbar. Im Aufsichtsrat ist laut Pöchhacker nur allgemein über das Thema "Reduktion der Krankenstandstage" diskutiert worden.

Kritik übte Pöchhacker an ÖBB-Betriebsratschef und Eisenbahngewerkschafter Wilhelm Haberzettl: Dieser hätte die Sache in die Gremien tragen sollen, statt sie "über die Medien auszurichten" - schließlich sitze Haberzettl im Aufsichtsrat. Pöchhacker äußerte die Vermutung, die Krankendaten-Sache sei nach außen getragen worden, weil Haberzettl den früheren Personalchef Franz Nigl als Chef der "Traktion"
("Lokomotivgesellschaft" der Bahn) verhindern habe wollen. Unter der Ägide Nigls als Personalchef hätten die ÖBB immerhin 6.000 Posten abgebaut.
(Forts. mögl.) mer/cts